Ab 1. März sind Sie neue AMS-Chefin, schon die vergangenen Monate haben Sie sich darauf vorbereitet. Freuen Sie sich auf diese Aufgabe?
CLAUDIA KOGLBAUER: Ja, sehr. Ich freue mich, weil man etwas bewirken kann und weil man Menschen helfen kann.
Sie sind seit 1995 beim AMS und haben fast alle Abteilungen durchlaufen. Ist das der Grund, warum sie sich beim Hearing gegenüber drei Mitbewerbern aus ganz Österreich durchgesetzt haben?
Ich glaube, dass das mit einem Grund war. Gesagt hat es mir aber keiner (lacht).
Die letzten Jahre waren von der Pandemie geprägt. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?
Ich bin zu Beginn der Pandemie, im März 2020, Abteilungsleiterin in der Servicezone geworden. Die gesamte Abteilung war, bis auf drei Personen, mit einem Schlag im Homeoffice. Das zu organisieren, mit der Arbeit, die vor Ort anfällt, war schwierig. Telefonische Arbeitslosenmeldungen hat es bis dahin nicht gegeben. Der Zusammenhalt innerhalb des Hauses war aber großartig.
Der Arbeitsmarkt hat sich zu einem Arbeitnehmermarkt entwickelt. Was bedeutet das für das AMS?
Wir bekommen trotzdem viele Stellenangebote. Was sich geändert hat – und das ist auch das Schwierige – ist, dass wir hauptsächlich Leute mit Vermittlungseinschränkungen haben. Die Arbeitslosen von früher gibt es im Moment nicht mehr. Viele kommen, melden sich an und sind wenige Tage später wieder weg, weil sie eine andere Arbeit haben. Die meisten unserer Kundinnen und Kunden haben gesundheitliche Einschränkungen. Deshalb gehen wir jetzt auch intensiver auf Kunden und Firmen ein, damit wir da eine Verbindung zusammenbringen und wir schauen, was wir mit Förderungen bewirken können.
Ist das AMS überhaupt noch zeitgemäß?
Ja, sonst hätte ich mich ja nicht für die Stelle beworben (lacht). Viele, die Hilfe brauchen, wären sonst alleine gelassen. Ich denke, dass es gerade jetzt noch schwieriger werden wird, gerade für Leute mit Vermittlungshemmnissen. Alle, die keine Einschränkungen haben, werden sofort genommen. Deshalb braucht es vor allem für erstere Gruppe intensive Unterstützung.
Stichwort Digitalisierung: Wie wirkt sich das auf den Arbeitsmarkt aus?
Es braucht jetzt sicher noch speziellere EDV-Kenntnisse. Aber auch Homeoffice ist in vielen Branchen seit der Pandemie Thema. Das hat vor allem für uns als Pendlerbezirk viele Vorteile.
Und die Auswirkungen auf die Arbeit beim AMS?
Viele haben während der Pandemie auf das e-AMS-Konto umgestellt. Die, die es genutzt haben, sind auch bei diesem Kanal geblieben. Wir machen jetzt Beratungen telefonisch oder online und holen Kundinnen und Kunden nur mehr im Bedarfsfall herein. Wir können viel flexibler auf die Wünsche der Kunden eingehen.
Sie übernehmen die Leitung von Margarete Hartinger. Damit war schon eine Frau vor ihnen AMS-Leiterin. Ist es leichter, als Frau in die Fußstapfen einer Frau zu treten?
Grete hat mir alles perfekt übergeben, von dem her tue ich mir sicher leichter. Ansonsten ist die Gleichberechtigung bei uns aber schon angekommen und es macht keinen Unterschied, ob man Mann oder Frau ist.
Wo sehen Sie diesbezüglich noch Aufholbedarf?
Auf jeden Fall bei den höher qualifizierten Jobs, dort muss man schauen, dass man Frauen in Führungspositionen bringt. Wir müssen Frauen aber auch höher qualifizieren. Viele von ihnen haben im Bezirk nur einen Pflichtschulabschluss.
Macht es Sinn, eine Quote einzuführen oder liegt es vielleicht auch an den Frauen selbst, dass sie gar nicht in Führungspositionen wollen?
Teilweise glaube ich, dass es an den Frauen selbst liegt, weil die Kinderbetreuung schon noch stark an ihnen hängt. Man muss Frauen aber auch motivieren, dass sie sich viel mehr trauen und ihr Selbstbewusstsein stärken – vor allem bei jenen mit Pflichtschulabschluss.
Sie haben vor wenigen Wochen gesagt "Zahlen sind genau meins"? Reicht das, um das AMS zu führen?
Es reicht sicher nicht, aber es hilft. Die soziale Komponente ist auch ganz wichtig, ebenso die Vernetzung mit Betrieben, Sozialpartnern, Institutionen oder der Landesgeschäftsstelle.
Was braucht es noch, um eine solche Institution zu leiten?
Viel Vertrauen in alle, Wissen und Mut.
Seit Jänner haben Sie verstärkt Betriebe besucht, um sich auf ihre neue Funktion vorzubereiten. Was haben Sie mitgenommen?
Die Sicht der Unternehmen zu sehen, ist sehr spannend. Auch, welche Probleme sie mit Besetzungen haben. Da müssen wir hinschauen und schauen, wie wir zusammenkommen.
Worauf wollen Sie in nächster Zeit den Fokus legen?
Auf Langzeitbeschäftigungslose und Kunden mit gesundheitlichen Einschränkungen. Es ist mir wichtig, dass es jedem gut geht. Wenn man einen Job hat, der einem Spaß macht, geht es einem auch wieder besser. Auch finanziell.
Wo gibt es noch Potenzial?
Bei den Jugendlichen in den Schulen, dort müssen wir verstärkt ansetzen, damit wir schon die jungen Menschen in Berufe bringen, die ihnen Spaß machen. Und wir müssen weiter Werbung für Mädchen in Technikberufen machen.