Aus voller Kehle schreit ein kleines Mädchen am Beckenrand im Freibad Oberwart: "Schneller!" Neben ihr sind ihre Klassenkameraden und stimmen in das Toben mit ein. In ihren Händen halten die Volksschüler Fahnen in die Höhe, auf denen Herzen in verschiedensten Farben gemalt sind. Auch das Mädchen hält eine selbst gebastelte Fahne, auf der "Wir unterstützen euch alle" steht, in die Luft. Der leichte Wind lässt das empfindliche Kunstwerk schnell hin- und herwehen, was das Lesen des Aufdrucks nahezu unmöglich macht. Schnell bemerkt sie den Fehler und ändert ihre Taktik: Sie greift nach der Fahnenspitze und hält sie ebenfalls fest. Mit ihrem Ellenbogen signalisiert sie den Kindern neben ihr, es ihr gleichzutun. Und schon sind alle kunterbunten Sprüche klar zu erkennen: "Gemeinsam stark", "Ihr schafft das", "Los gehts".

Im Wasser vor ihnen tauchen immer wieder Schwimmer, die mit Badehauben und professionellen Schwimmbrillen ausgestattet sind, auf und unter. Von einem Beckenrand zum anderen und wieder zurück. An rot-gelben Linien, die am Wasser schwimmen, orientieren sich die Sportler, um in Linie zu bleiben. Die Menge rund herum feuert sie an und tobt, als sie ihr Ziel erreichen. Mit einem zufriedenen Lächeln steigt einer nach dem anderen aus dem Wasser und geht zu seinem Team, während die nächsten Schwimmer ins Becken steigen und sich in Startposition begeben.

Der Schwimmbewerb ist einer der ersten Wettkämpfe bei den diesjährigen Special Olympics im Südburgenland. Die fünftägige Veranstaltung läuft unter dem Motto: "Ich will gewinnen – aber wenn ich nicht gewinnen kann, dann werde ich es mutig versuchen".

Kunterbunte Plakate überdecken graue Wände

Aber auch Indoor ist einiges los: Geht man in die Messehalle in Oberwart, erwartet einen ein Meer aus kunterbunten Plakaten an den sonst grauen Wänden. Auf einem rosaroten Transparent steht in schwarz "You can" geschrieben, direkt daneben erstrahlt ein Regenbogen. Birgit Morelli, Organisatorin der Special Olympics, lächelt, als sie an einigen der Transparente vorbeispaziert. "Genau das ist so toll hier: Es gibt keinen Neid oder unnötigen Ehrgeiz, sondern ganz im Gegenteil. Alle unterstützen sich gegenseitig und sind füreinander da", sagt Morelli während sie das Regenbogen-Plakat genauer betrachtet.

Egal, wohin man blickt, verschönern die Transparente, die von Schülern aus der Umgebung gemalt und gezeichnet wurden, die graue Halle. Das alles zur Unterstützung der Sportlerinnen und Sportler, die an diesem Tag an den Special Olympics teilnehmen.

"Wir feuern alle an"

In der mittleren Halle des Messegeländes versammeln sich zahlreiche Zuseher, von Jung bis Alt, hinter den Absperrungen. Bald startet der MATP-Bewerb. Dabei handelt es sich um ein "Mitmachprogramm", das auch den Teilnehmern, die aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht in der Lage sind, an regulären Bewerben teilzunehmen, die Möglichkeit bietet, sich in die Veranstaltung einzufügen.

Die ersten Teilnehmer machen sich bei der Startlinie mit ihren Gehilfen bereit. Nach einer kurzen Einweisung der Schiedsrichterin ist das Ziel klar: die gelbe Linie am anderen Ende der Halle. Stille breitet sich unter den Zusehern aus, die gespannt auf das Startsignal warten. "Und los!", ruft die Schiedsrichterin. Während die Teilnehmer geradewegs auf die gelbe Linie zusteuern, werden sie von Dutzenden Fahnen, die Kinder im Zuseherbereich schwingen, begleitet. Gefolgt von einem tosenden Applaus und Jubelrufen. "Ich glaube, der im gelben Shirt wird gewinnen", sagt ein Bub zu seinem Freund. Dieser schüttelt vehement den Kopf und erwidert: "Das ist vollkommen egal. Das haben sie uns vorher erklärt. Wir feuern alle an."

Und die Sportler profitieren von der guten Stimmung: je lauter das Klatschen, umso größer das Lächeln auf ihren Gesichtern. Je mehr Jubelrufe, umso schwungvoller ihre Bewegungen. Je größer die Menge auf der Tribüne, umso motivierter die Teilnehmer. "Genau das macht die Special Olympics so besonders", sagt Morelli.

Video: "Inklusion: Illusion oder doch gelebte Realität in Österreich?"