In 1974 erfolgte der Produktionsstart für eines der erfolgreichsten Autos aller Zeiten – den VW Golf. Es war auch das Jahr, in dem das Autohaus Kienzl in Judenburg seine Pforten öffnete. Von Elektroantrieben für Autos war damals keine Rede; knapp 50 Jahre später ändert sich der Markt rasant, Elektroautos sind im Kommen. Familie Kienzl beschloss aufgrund des Umbruchs in der Branche eine radikale Veränderung. Der traditionelle Ford-Partner (später auch Volvo) schaute sich nach einer zusätzlichen neuen Marke um und wurde bei einem Autohersteller fündig: BYD (sprich Bi-Wei-Di). Das ist die Abkürzung für "Build Your Dreams", was frei übersetzt "Verwirkliche deine Träume" bedeutet. Der chinesische Konzerngigant klingt in Europa derzeit noch exotisch, was sich jedoch bald ändern wird.

"Das hat die Branchenkollegen überrascht"

BYD ist ein chinesischer Hersteller, der voll auf Elektromobilität setzt. Autohaus-Chef Martin Kienzl hat im Internet recherchiert, und nach persönlicher Kontaktaufnahme mit dem Importeur und Probefahrten war man sich im Familienrat rasch einig: "Wir möchten diese Marke." Beim Josefimarkt auf dem Red Bull Ring im vergangenen März präsentierte Kienzl erstmals BYD-Autos: "Das hat die Branchenkollegen ziemlich überrascht", schmunzelt er. Kienzl ist momentan das einzige Autohaus in der Obersteiermark, das die chinesische Marke anbietet.

Hier präsentiert BYD-Spezialist Sigmund Sattler vom Autohaus Kienzl das Modell Atto 3 während einer Probefahrt:

Kunden seien zunächst zurückhaltend gegenüber einem Auto aus China. "Ich bitte sie dann immer, in den Schauraum zu gehen, sich in ein Auto zu setzen und alles anzugreifen. Wenn sie wieder aussteigen, sagen neun von zehn, sie hätten sich diese Qualität nicht erwartet." In den vergangenen Monaten habe er bereits etliche Autos verkauft, und Kienzl ist sich sicher, das ist erst der Anfang: "Es kommen in nächster Zeit noch einige Modelle dazu, darunter der BYD Seal, der dem Tesla 3 Konkurrenz machen soll." Derzeit kann man bei Kienzl neben hochpreisigen BYD-Modellen wie Tang und Han den Atto 3 kaufen. Je nach Ausstattungsmodell beträgt der Listenpreis um die 40.000 Euro. Extrarabatte für Käufer seien nicht vorgesehen, der Preis reduziere sich aber um angebotene Förderungen.

"In zehn Jahren nur noch E-Autos im Schauraum": Martin Kienzl, Chef des Judenburger Traditionsautohauses
"In zehn Jahren nur noch E-Autos im Schauraum": Martin Kienzl, Chef des Judenburger Traditionsautohauses © Josef Fröhlich

"Viele Kunden glauben noch immer, dass sich E-Autos nicht durchsetzen werden", sagt Martin Kienzl. Das ist aus seiner Sicht ein Irrtum. Er ist überzeugt, dass in zehn Jahren nur noch Stromautos in seinen Schauräumen zu sehen sein werden. "Zumindest im Pkw-Bereich, bei den Nutzfahrzeugen wird es länger dauern."

"Künftig gibt es Kfz-Mechatroniker statt Kfz-Mechaniker"

BYD bezeichnet sich als Pionier der Batterieherstellung, laut eigenen Angaben sei die "Blade Battery" die derzeit innovativste Antriebsbatterie auf dem Markt. Die Lithium-Eisenphosphat-Batterie enthalte kein Nickel, Kobalt oder Cadmium.

Nicht zuletzt habe sich die Familie aus einer Verantwortung den 40 Mitarbeitern gegenüber für den neuen Weg entschieden, um in Zeiten des Umbruchs sichere Arbeitsplätze bieten zu können. An der Stromproduktion werde es nicht mangeln, ist er überzeugt. "An der Verteilung des Stromes werden die Energiekonzerne aber noch arbeiten müssen."

Beim Autohaus Kienzl gibt es derzeit vier Stromtankstellen, eine Photovoltaikanlage ist gerade in Arbeit. Von den Stadtwerken Judenburg lässt man sich die Zuleitung verstärken. Die Werkstättenmitarbeiter würden längst auf Elektroautos geschult: "Das sind keine Kfz-Mechaniker mehr, sondern Kfz-Mechatroniker."