"Wir wären gerne auf die Regenbogenparade nach Wien gefahren, aber wenn das Wetter hält, müssen wir mähen", schmunzelt Stefan Peinhopf. Der 28-Jährige aus Gaal ist Landwirt und lebt mit seinem Partner Dominik Wallner zusammen. Er ist der einzig offiziell geoutete Homosexuelle in der kleinen Gemeinde. Zuvor hatte Peinhopf eine Freundin – um seine Eltern nicht zu enttäuschen. Die Freundin hatte Verständnis: "Sie hat zu mir gesagt, es ist nicht schlimm, wenn man schwul ist, auch nicht in Gaal."

Es ist für Außenstehende nicht schlimm – doch hinter vielen Betroffenen liegt ein Leidensweg. Joe Niedermayer, Vorsitzender der RosaLila PantherInnen, der LGBTIQ-Interessenvertretung (Definition siehe unten) in der Steiermark, klärt auf: Das Thema habe viele Facetten, man müsse unterscheiden zwischen lesbisch und schwul sowie trans- und intersexuell. "Die beiden erstgenannten beschreiben sexuelle Orientierungsformen, während Trans und Inter auch medizinische Themen sind, wo man in der Stadt mehr Fachpersonal findet als am Land."

Gesetz ist das eine, Gesellschaft das andere

Wird man am Land als queere Person stärker marginalisiert? Niedermayer meint, "die Stadt ist nicht toleranter. Man kann sich mehr Leute nach dem eigenen Geschmack suchen. Am Land kann man dafür durch die Nähe leichter Vorurteile abbauen". Dennoch brauche es überall noch bessere Sichtbarkeit.

Joe Niedermayer, Vorsitzender der RosaLila PantherInnen
Joe Niedermayer, Vorsitzender der RosaLila PantherInnen © Sabrina Petz

Für den Freundeskreis von Bauer Stefan Peinhopf war das Outing kein großes Thema. "Meine Freunde sind alle in der Landwirtschaft tätig - die hatten kein Problem damit. Freilich: Am Land kenne jeder jeden, das Gerede sei immer da. Man muss stark sein und drüberstehen." Dabei könnte man schon früh ansetzen, um Homosexuelle sichtbarer zu machen. Wallner wünscht sich etwa mehr pädagogische Hilfe in der Schule. 

"Kampf gegen sich selbst"

Welche Rolle hat die Familie? Stefan Peinhopf findet, dass deren Unterstützung das Wichtigste sei. "Man führt ohnehin schon Krieg gegen sich selbst."

Das Spannungsfeld zwischen Tratsch und Toleranz kennt auch Jonas Ortner, der selbst in einem kleinen ländlichen Ort aufgewachsen ist: "Familie hat das Potenzial, dass alles super wird, aber auch, dass es die Hölle wird." Der 25-Jährige absolviert in Salzburg die Ausbildung zum Diplom-Krankenpfleger. Er ist pansexuell, was bedeutet, dass er sich sowohl zu Männern als auch zu Frauen und transidenten Personen hingezogen fühlt. Ein "Outing" gab es nie: "Meine Eltern lieben mich, so wie ich bin, unabhängig davon, wen ich liebe und wie ich lebe."

Jonas Ortner aus Matrei
Jonas Ortner aus Matrei © Ortner

Heterosexuelle sollen zuhören und lernen

Die Probleme begannen erst später, im Kindergarten und in der Schule. Erniedrigende Kommentare waren an der Tagesordnung. Am Schulhof hagelt es Steine, außerhalb der Schule Glasflaschen und zu Silvester sogar Kracher. Die Lehrer waren überfordert.

Was Ortner gerettet hat, ist seine Kreativität. Er bewarb sich an der Ortwein-Schule in Graz, verließ die Heimat, zählte an der Schule zu den Hochbegabten. Heute wünscht er sich von Heterosexuellen, dass sie zuhören und nicht für queere Menschen das Wort ergreifen: "Man muss realisieren, dass man als Heterosexueller nichts dazu sagen kann. Es hat sich viel getan, aber nicht genug. Es hat sich das Mindeste getan."