Per SMS wurden die Mitarbeiter der Murauer Stadtwerke vergangenen Donnerstag über eine "verpflichtende Mitarbeiterbesprechung" informiert. Was ihnen dort von Muraus Bürgermeister Thomas Kalcher und Vertretern des Aufsichtsrates mitgeteilt wurde, hätte wohl niemand erwartet: Der langjährige Stadtwerke-Geschäftsführer Kurt Woitischek verlässt das Unternehmen – nicht freiwillig, er wurde fristlos entlassen. Über die genauen Gründe wurden die perplexen Mitarbeiter im Dunkeln gelassen, berichten Stadtwerke-Insider unisono. Die Rede sei von "gebrochenem Vertrauen" gewesen.
Seither brodelt die Gerüchteküche in Murau, im Umlauf sind die abenteuerlichsten Erklärungsversuche, warum Woitischek gehen musste. 35 Jahre lang war er Mitarbeiter der Stadtwerke, 27 Jahre lang gestaltete er als Geschäftsführer das Unternehmen – und in Folge die so umfassende wie erfolgreiche Murauer Energievision – maßgeblich mit. Bekannt seien seit Längerem persönliche Differenzen mit Stadtchef Kalcher, so munkelt man in Murau.
Konflikt schon 2018
Viele sehen eine Ursache für die verhärteten Fronten im Jahr 2018, als die Energie Steiermark die Fernwärme Murau-St. Egidi (eine Gesellschaft im Besitz von Privatpersonen) gekauft hat. Die Stadtwerke legten kein Angebot, Woitischek kritisierte die Gemeinde öffentlich. Bürgermeister Kalcher wiederum warf ihm "Panikmache" vor.
Was wirklich hinter der Entlassung steckt, will Muraus Stadtchef Thomas Kalcher nicht kommentieren: "Wir bestätigen, dass Kurt Woitischek nicht mehr in der Firma ist. Es gibt kein Dienstverhältnis mehr. Inhaltlich werden wir dazu nichts öffentlich diskutieren." Seit 1. Juni gibt es jedenfalls einen neuen Geschäftsführer: Stefan Zimmel, der seit rund einem dreiviertel Jahr Teil des Stadtwerke-Teams ist. Der zweite Geschäftsführer, Stefan Stadlober, scheidet auf eigenen Wunsch in Kürze aus dem Unternehmen aus.
"Kein Schaden entstanden"
Kurt Woitischek selbst äußert sich gegenüber der Kleinen Zeitung umfassend zu seiner Entlassung: "Was hier geschieht, ist Rufmord. Ich betone: Es ist kein Schaden entstanden. Ich habe nichts veruntreut, nichts gestohlen." Er spricht von "formalen Vorwürfen rund um Vertragsabschlüsse in Sachen Energiehandel", die von einem Grazer Wirtschaftsprüfer ins Rollen gebracht wurden. Detailliert will Woitischek auf die Vorgänge nicht eingehen, nur so viel: "Die Preise am Strommarkt explodieren, da geht es nicht nur uns so. Ich habe Verträge immer so abgewickelt, in 27 Jahren hat sich niemand daran gestoßen."
Von seiner fristlosen Entlassung hat der langjährige Geschäftsführer per Telefon erfahren, im Urlaub. "Es gab keine Verwarnungen, keine klärenden Gespräche. Ich bin geschockt, wie unmenschlich hier gehandelt wird." Woitischek will die Entlassung jedenfalls nicht akzeptieren: "Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung rechtlich nicht halten wird. Das sollen die Gerichte entscheiden." Eine Rückkehr an die Spitze der Stadtwerke schließt Woitischek aber in jedem Fall aus: "In dieses System kehre ich nicht mehr zurück! Ich werde mich selbstständig machen. Zuvor will ich aber rehabilitiert werden."