"Ein guter Tag ist es, wenn ich überhaupt keine Maschinen brauche", schmunzelt Siegfried Salchenegger. Sein Fuhrpark steht in einem hölzernen Unterstand am Bergbauernhof in Perchau am Sattel. "Kein Traktor ist jünger als 40 Jahre, den Anhänger da habe ich selbst gebaut." Fast liebevoll streicht der Landwirt über sein "fahrendes Freilichtmuseum". Seit er mit seiner Freundin die Bewirtschaftung des elterlichen Hofes übernommen hat, hat sich viel getan am "Moar in Gstein". "Andere investieren in Maschinen, ich habe verkauft. Obwohl wir gut ausgestattet waren", erzählt Salchenegger.

Siegfried Salchenegger mit seiner Freundin Jasmin und seinen Eltern Peter und Evelyn
Siegfried Salchenegger mit seiner Freundin Jasmin und seinen Eltern Peter und Evelyn © Sarah Ruckhofer

Abrüsten statt aufrüsten? "Für mich war es der einzige Weg. Bei 'Wachsen oder Weichen' spiele ich nicht mit." Unkonventionell sind auch die Pläne, die Siegfried Salchenegger für den Bauernhof im Bezirk Murau hat. Er will ausbrechen aus dem "Teufelskreis", wie er es nennt. Der Schuldenfalle zwischen Investitionen, Krediten und Preisdruck. "Ich gehe einen anderen Weg und nein, damit mache ich mich nicht überall beliebt. Hier in der Gegend schon gar nicht", lacht der Landwirt. Gegenwind ist er gewöhnt.

Der Neumarkter gründet 2016 in Zeltweg Woodcare Solutions, mit einem Jahresumsatz von 1,3 Millionen Euro und 15 Mitarbeitern ein erfolgreiches Unternehmen. Salchenegger wird als "Paradegründer" in einer strukturschwachen Region gefeiert. Als die Coronakrise 2020 ihren ersten Höhepunkt erreicht, fällt das junge Unternehmen durch alle Förderraster. Salchenegger meldet Insolvenz an, die Privatinsolvenz folgt. Seine öffentliche Kritik an Regierung, Corona-Management und Bürokratie macht ihm nicht nur Freunde.

120 Jahre alt sind die drei Traktoren in Summe. Salchenegger: "Die kann ich wenigstens noch selbst reparieren."
120 Jahre alt sind die drei Traktoren in Summe. Salchenegger: "Die kann ich wenigstens noch selbst reparieren." © Sarah Ruckhofer

Kritisch ist Salchenegger geblieben. Ähnlich wie "Wutbauer" Christian Bachler dreht er Videos auf seinem Hof, analysiert darin schonungslos und bewusst kantig den Zustand der Landwirtschaft. Wie es anders gehen kann, probieren Salchenegger und seine Verlobte Jasmin Palmisano am "Moar in Gstein"-Hof mit mehreren Standbeinen und "standortangepasster Landwirtschaft".

Da wäre einerseits die Kälberaufzucht, die Tiere werden von umliegenden Höfen gekauft. "Statt stundenlanger Fahrten in überfüllten Transportern quer durch Europa leben die Kälber bei uns in der Gruppe, sie können sich zwischen Stall und Wiese frei bewegen", so Salchenegger, der jedes der 55 Tiere beim Namen kennt.

"Tierwohl ist unsere Grundeinstellung", betont der Neumarkter. So setzt man auf Naturheilkunde statt Medikamente. Geschlachtet werden die erwachsenen Tiere bei einem Freund in der Nähe, vermarktet werden sie größtenteils selbst. Ein Teil geht auch an Gasthäuser aus der Region, seit wenigen Wochen betreibt die Familie einen Hofladen. Automaten findet man hier nicht: "Die Konsumenten sollen herkommen, bei uns darf jeder in den Stall. Ich sage immer, schaut's rein in die Ställe und wenn euch nicht gefällt, was ihr seht, kauft's nix." Die zahlreichen Gütesiegel des Handels, für Konsumenten undurchschaubar, sieht auch der Landwirt kritisch: "Es wird viel Schindluder getrieben. Und es gibt schwarze Schafe unter den Bauern."

Ein zentrales Standbein des Hofes bleibt die Forstwirtschaft, daneben werden Fische gezüchtet und verarbeitet. 40.000 davon schwimmen in Behältern in einem Nebengebäude. Im Hofladen verkauft die Familie Fleisch fertig abgepackt, der Rest wird zu Eintöpfen und Suppen verarbeitet. "Weggeschmissen wird sicher nix." Das Besondere an der eigens kreierten Marke "Nur guat": Jede Zutat kommt aus einem Umkreis von 300 Kilometern. "Da muss man halt die uralten Kochbücher wieder hervorholen", erklärt Salchenegger. "Weil Pfeffer geht sich keiner aus."

Fischzucht auf der Alm: 40.000 Fische werden hier gezüchtet
Fischzucht auf der Alm: 40.000 Fische werden hier gezüchtet © Sarah Ruckhofer

In die Zukunft blickt Siegfried Salchenegger positiv: "Wir werden eine ökologische Wahrheit in die Preisgestaltung bringen müssen – und dann sind die Bauern wieder Könige. Kleinstrukturierte Landwirtschaft ist die beste Lebensversicherung für Verbraucher in Krisenzeiten."