„Die Konsumenten sind weit weg von der Landwirtschaft, deswegen müssen wir als Landwirtinnen und Landwirte ihnen erzählen, was wir machen – sonst übernimmt diese Aufklärung jemand anders. Und auch wir Bauern müssen anfangen, selbst das Beste zu essen – wir müssen Bio leben. Wenn wir nicht gut essen, wer dann?“, zeigt sich Erich Kerngast, Direktor der landwirtschaftlichen Fachschule Grottenhof und Hausherr des Abends, zu Beginn der Vollversammlung von Bio Ernte Steiermark, durchaus kritisch.

Schmiedtbauer will „Bewusstsein schaffen“

Die Schule als Versammlungsort war bewusst gewählt. „Hier werden die Helden von morgen ausgebildet. Diese Schule ist ein Statement, wie wir seitens des Landes zu den Biobauern stehen“, sagt Simone Schmiedtbauer, Agrar-Landesrätin, in ihren Grußworten, in Anlehnung an die frisch renovierte, „modernste Bio-Bauernschule des Landes“. Österreich sei „Bio-Europameister“, habe mit rund 23 Prozent Bio-Betrieben den höchsten Anteil an biologisch bewirtschafteter Fläche in der EU. „Wir wissen, was von den Konsumenten gefordert wird, aber wir wissen auch, was letztendlich gekauft wird. Jeder ist Agrarexperte und will mitreden, aber wo sind die Experten, wenn sie im Geschäft stehen und auswählen können? Daher ist es wichtig, unsere Geschichten zu erzählen, Bewusstsein zu schaffen“, beschreibt Schmiedtbauer die aus ihrer Sicht größte Herausforderung derzeit.

290 Bio-Betriebe weniger

Die Landwirtschaft ist im Aufruhr. Knapp 290 Bio-Betriebe gaben im Vorjahr in der Steiermark auf. Mit 2092 derzeitigen Mitgliedern verzeichne man den niedrigsten Biobauern-Stand seit 2018. „Um das abgelaufene Jahr zu beschreiben, reicht meiner Meinung nach die mit einem Augenzwinkern versehene Aussage, dass es nur bergauf gehen kann“, schreiben Bio Ernte Steiermark-Obmann Thomas Gschier und Geschäftsführer Josef Renner im Bio Ernte Steiermark-Jahresbericht 2023.

„Wir sind eine Familie“

Was dennoch bei „Bio“ spürbar anders ist, ist die Stimmung unter den Landwirten, und der Zusammenhalt. Das merkt man daran, dass die 15-prozentige Bio-Beitragserhöhung von den anwesenden Bauern unisono als „gerechtfertigt“ wahrgenommen wird. „Es ist wichtig, dass wir in bewegten Zeiten an unseren Werten festhalten und unseren Kurs beibehalten“, sagt Martin Hamker, Vorstandsmitglied von Bio Ernte Steiermark, und Eva König, ebenfalls Vorstandsmitglied, fügt hinzu: „Wir müssen weg vom Jammern hin zum Tun, das Positive nach außen tragen. Es wird auch bei uns hart diskutiert, aber wir sind eine Familie.“ 

„Bio-Schweinehaltung hat höchste Standards“

Auch aktuelle Themen wie die jüngst publik gewordenen Bilder aus einem südsteirischen Schweinemast-Betrieb wurden nicht ausgespart, man könne darin eine Chance für Bio sehen: Der Anteil an Bio-Schweinefleisch am Markt liege nur bei drei Prozent, diesbezüglich müsse man offensiver auftreten, so Obmann Thomas Gschier. „Die Bio-Schweinehaltung ist die aufwendigste, aber höhere Tierwohl-Standards als dort gibt es nicht.“ Die Konsumenten müssten realisieren, dass das geforderte Angebot bereits am Markt sei. „Wir müssen unsere Höfe öffnen und zeigen, was wir können.“ Daher wolle man das Modell der steirischen Bio-Modellregionen, derzeit Schilcherland, Vulkanland und Graz, noch erweitern.