Herr Sander, immer wieder wird in diesen Tagen die Angst der Kindberger Bevölkerung thematisiert. Wovor genau haben die Menschen Angst?
Wir hatten darauf am Anfang auch keine generelle Antwort, mittlerweile zeichnen sich aber drei Gruppen ab. Da gibt es zum einen die unmittelbaren Nachbarn, dann haben wir Eltern mit Kindern. Die dritte Gruppe setzt sich aus älteren Leuten zusammen, denen man die Angst wirklich anmerkt. Unsere älteren Mitbürger haben jetzt viele Jahrzehnte der Sicherheit erlebt und haben plötzlich das Gefühl, dass ein Teil dieser Sicherheit wieder wegfällt. Weil eben immer auch die Befürchtung mitschwingt, dass in erster Linie junge Männer kommen und es mehr werden als 250 Menschen.

Mit diesem Gefühl der Sicherheit arbeitet Herbert Kickl, der am Freitag zur Demo nach Kindberg lädt. Wie halten Sie von seinem Auftritt?
Unsere Position unterscheidet sich grundlegend von jener der Bundes-FPÖ, wo es um "Ausländer raus" und die Position geht, dass gar keiner über die Grenze kommen soll. Wir sind ganz klar für eine menschenwürdige Unterbringung und für kleine Einheiten, die wir als Stadt auch verkraften würden. Abgesehen davon, das ist jetzt meine persönliche Meinung, wäre ich ohnehin dafür, Asylwerber zu integrieren, indem man ihnen Zugang zum Arbeitsmarkt verschafft. Das würde auch Kindberg etwas bringen.

Werden Sie an der Demo teilnehmen?
Nein, dafür ist die politische Distanz zwischen Kickl und mir zu groß.

Die FPÖ freut sich aktuell über gute Umfragewerte, die Diskussion um das Asylquartier spielt ihr in die Karten. Läuft Kindberg Gefahr, in den Wahlkampf hineingezogen zu werden?
Wenn man menschlich agieren will, so wie wir es tun, gerät man leichter ins Hintertreffen. Für die FPÖ ist das Thema ein gefundenes Fressen, weil ja zum Beispiel auch die Wahl in Niederösterreich ansteht. Wobei klar gesagt werden muss, dass der Platz von Herbert Kickl jener im Parlament in Wien ist.

Am Freitag ist er dennoch in Kindberg, womit muss die Stadt rechnen?
Vom Publikum her rechnen wir mit den Kindberger FPÖ-Anhängern, ein paar neugierigen Kindbergern und den Fans von Kickl. Ich hoffe nicht, dass die Identitären und andere Gruppen die Bühne nutzen werden. Die Polizei ist aber gewappnet.

Stichwort Polizei: Sie haben zuletzt Kritik geübt, dass die Polizeilandschaft in Kindberg womöglich ausgedünnt wird. Wie sieht der aktuelle Stand aus?
Weil es in Kindberg immer so ruhig ist, wurden fünf Polizisten Teil eines Pools, um für Einsätze bei Demonstrationen oder an der Grenze abgestellt zu werden. Die würden dann in Kindberg fehlen. Wir glauben aber, dass sich jetzt etwas in die richtige Richtung bewegt, weil wir uns zumindest auf Landesebene Gehör verschafft haben. Das ist auch für das Gefühl der Bevölkerung ganz wichtig.

Was unternimmt die Stadt konkret?
Wir werden am Donnerstag im Gemeinderat unser weiteres Vorgehen besprechen, da möchte ich jetzt nichts vorwegnehmen. Wir sind als Stadt aber weiterhin dabei, unsere rechtlichen Möglichkeiten zu überprüfen, weil wir klar gegen die Massenunterkunft sind und zu keiner Zeit in die Planungen miteingebunden waren.

Die Unterstützung durch die SPÖ auf Landes- und Bundesebene, wo Parteichefin Pamela Rendi-Wanger mittlerweile eine schärfere Linie in der Asyl-Frage vertritt, scheint enden wollend. Täuscht dieser Eindruck?
Auf Landesebene, wo man auch für kleine Einheiten ist, stehen wir mit Landeshauptmann-Stellvertreter Anton Lang in Kontakt, er hat aber – anders als Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP, Anm.) – keine Handhabe. Auf Bundesebene haben wir mit Rendi-Wagner gesprochen, als sie im Sommer in Bruck zu Besuch war, unser erster Ansprechpartner ist aber Jörg Leichtfried, der sich klar deklariert hat. Letztlich ist das Innenministerium aber in der Hand der ÖVP.

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