Seit 1. April arbeiten zwölf Mann mit vier Spezialbohrgeräten an der Baustelle, um eine Befahrung der Straße wieder möglich zu machen. Seit damals, also seit fast fünf Monaten müssen die Bewohner der Frein einen Umweg über Mariazell und das Niederalpl in Kauf nehmen, um Mürzzuschlag zu erreichen, wo sie einkaufen, zu den Ärzten gehen und ihre Bankkonten haben. Das bedeutet einen Umweg von 84 Kilometern hin und retour.
Kürzlich hat der Neuberger FPÖ-Nationalratsabgeordnete Hannes Amesbauer einen Appell an Verkehrslandesrat Anton Lang (SPÖ) gerichtet, er möge mehr Personal auf die Baustelle schicken, um die Baustelle rascher abschließen zu können.
Umweg von 84 Kilometern
Betroffen davon sind laut Auskunft der Gemeinde Neuberg 43 Hauptwohnsitze und 27 Nebenwohnsitze. „Früher wurde die Straßensperre noch im Radio angesagt, mittlerweile hört man davon nichts mehr“, stellt Franz Poschgan aus Neuwald frustriert fest. Nicht nur Poschgan muss regelmäßig zum Facharzt nach Mürzzuschlag, auch Hilda Hölbling aus Frein möchte nach „draußen“, das bedeutet für sie nach Mürzzuschlag.
Alle zwei Wochen kam früher die Volkshilfe, um die 85-jährige Frau zu unterstützen. Seit der Straßensperre kommt niemand mehr zu ihr, und von der Volkshilfe Mariazell wurde sie abgelehnt. „Wir werden von einem Monat auf den nächsten vertröstet“, sagt Hölbling.
Das ist auch der Eindruck von Elisabeth Bareck, Betreiberin des Freinerhofes, einem beliebten Gasthaus mitten im Naturpark Mürzer Oberland. Der familiengeführte Betrieb verfügt über 89 Betten, einer Ferienwohnung und einer Wellness-Oase. „Wir haben das Glück, dass die Hotelgäste trotzdem gekommen sind, aber ob sie auch für das nächste Jahr buchen werden, wissen wir noch nicht“, sagt die Freiner Wirtin.
Tagesgeschäft ist „vollkommen tot“
Die Gastronomen bemühen sich, das Angebot, das die Gäste bereits vor einem Jahr gebucht haben, auch zu halten. Dafür mussten sie fast 2000 Euro für private Buskosten aufwenden. Drei Mitarbeiter haben gekündigt, weil sie nicht mehr zur Arbeit kommen können. Und vor allem: „Von zwei verkauften Schnitzel pro Tag können wir nicht leben, das Tagesgeschäft ist vollkommen tot“, bedauert Elisabeth Bareck.
Dabei lautet das Motto der „3. Freiner Wirtschaftstage“, die dieses Wochenende stattfinden „Beim Reden kommen d‘ Leut‘ z‘samm“. Zu diesem jährlichen Event mit Prominenz aus Politik und Wirtschaft werden bis zu 150 Besucher erwartet. Christian Pöttler von der Wiener Agentur „EchoEvent“ steht hinter dieser Veranstaltung. Der gebürtige Neuberger will die Frein wieder beleben: „Ich will wieder eine Lebensgrundlage für die lokale Bevölkerung schaffen, zu der ich mich auch zähle.“ Enttäuschend findet er, dass es bisher keine Zuwendungen für die betroffenen Betriebe gibt.
Das Problem ist, dass die Frein nicht zum Katastrophenschutzgebiet erklärt wurde und daher bei den Förderungen durch den Rost fällt. „Wenn von Anfang an klar kommuniziert worden wäre, wie lange die Totalsperre dauert, hätte Vieles besser organisiert werden können. Was wir brauchen, ist eine klare Zukunftsperspektive“, sagt David Bareck vom Freinerhof.
„Uns trifft es hart“, sagt Gudrun Leitner vom beliebten Gasthaus Leitner in Neuwald. „Wir haben 90 Prozent wirtschaftliche Einbuße. Bis auf die Pilger fallen die Stammgäste aus dem Mürztal aus. Die angemeldeten Autobusse haben wir auf September verschoben, mittlerweile ist alles abgesagt“, sagt Leitner.
In Neuwald wird Holz verladen. „Es ist wichtig, dass das Käferholz schnell abtransportiert wird“, erzählt ein Transporteur, der gerade auf dem Weg in die Oststeiermark ist. Statt drei Mal pro Tag kann er wegen des weiten Umweges nur noch zwei Mal liefern. Das bedeutet nicht nur eine wirtschaftliche Einbuße, sondern auch eine höhere Umweltbelastung.
Eine einschneidende Erfahrung ist das auch für die einzigen beiden schulpflichtigen Freiner Kinder: Anna (12) und ihr Bruder Alexander (9) werden ab Herbst von der Schule Neuberg nach Mariazell wechseln.