Der 1. Jänner 2018 wird Eva-Maria Knehs lange in Erinnerung bleiben. Am Morgen freute sie sich noch darauf, am nächsten Tag, dem ersten Arbeitstag im Jahr, auch ihre berufliche Zukunft wieder in sichere Bahnen zu lenken. Im Rahmen der Beschäftigungsaktion 20.000 hatte sie einen Job bekommen, in der Verwaltung der "Wirtschafts- und Beschäftigungsinitiativen GmbH“ (WBI) in Leoben. „Dort sollte ich das Bindeglied zwischen WBI und Gemeinden sein, die Langzeitarbeitslose über 50 wie mich über die Aktion beschäftigen sollten“, erzählt sie. Bis Ende Juni 2019 wäre ihr Vertrag gelaufen.
Noch schwieriger
Eine Radiomeldung am Neujahrstag zog ihr allerdings den Boden unter den Füßen weg, wie sie bemerkt. Denn da musste sie erfahren, dass die im September 2017 getroffene Job-Vereinbarung null und nichtig sei, die Aktion 20.000 eingestellt. Den Einwand, dass die zuständige Ministerin Beate Hartinger-Klein ein paar Tage später meinte, die Aktion sei nur ausgesetzt, wischt Knehs mit einer Handbewegung weg. „Das wird nicht mehr so kommen. Und wenn, dann bin ich wieder älter, und es wird noch schwerer, Arbeit zu finden“, sagt sie kopfschüttelnd.
Sie sei dennoch positiv. Als sie am 2. Jänner zu ihrem ursprünglichen Termin der Vertragsunterzeichnung ging, habe sie schon vorher acht neue Bewerbungen geschrieben. „Ich habe genau gewusst, was mir beim WBI gesagt wird. Es muss doch aber irgendwo dort draußen jemanden geben, der mich in seinem Unternehmen braucht. Ich möchte mit Leuten zu tun haben, wäre gerne Ordinationsassistentin. Ich habe aber den Kurs nicht. Das AMS zahlt die Ausbildung nicht, und wenn ich es mir selbst zahle, kann ich jede Unterstützung verlieren, weil ich ja ständig bereits sein muss, eine Arbeit anzunehmen. Das geht aber nicht, wenn ich privat eine Ausbildung mache“, sagt Knehs.
Das Selbstwertgefühl leide sehr. „Man denkt sich anfangs, das wird schon. Aber, wenn man eine Absage nach der anderen bekommt, oft zu hören kriegt, dass es nicht an der Qualifikation liege, dann fragt man sich schon, was das alles soll“, bringt sie es auf den Punkt.
Arbeit mit Menschen
Nach der Matura habe sie ein Jusstudium begonnen. Schon damals sei sie von der Arbeit einer Detektivin begeistert gewesen. Das hat sie auch gemacht, bei Sicherheitsfirmen, in Warenhäusern, als Einsatzleiterin der Sicherheitskontrolle am Grazer Flughafen. Auch bei der Parkraumüberwachung habe sie gearbeitet. „Täglich 30 Kilometer in der Stadt zu gehen, hat mich gesundheitlich an die Grenzen gebracht. Deshalb wollte ich zurück ins Büro, an die die Front Office. Ich kann gut mit Menschen, bin offen und lerne gerne“, erklärt sie überzeugend. 30 Jahre lang war sie insgesamt in Graz beruflich tätig.
Sie habe, um sich auf diesen Bereich gut vorzubereiten, eine Ausbildung für Büro und Verwaltung gemacht. „Deshalb habe ich ja auch das Angebot bekommen, diesen Bereich beim WBI auszuüben“, erzählt Knehs.
Soziale Kontakte
Besonders schlimm an einer längeren Arbeitslosigkeit in ihrem Alter sei, dass man genau wüsste, dass es bis zur Pension noch 15 Jahren an Arbeit benötige. „Es leiden aber auch die Sozialkontakte. Wenn man Freunde trifft, die mitten im Arbeitsleben stehen, kommt man sich so minder vor, weil man von seiner Arbeit nichts erzählen kann. Man zieht sich immer mehr zurück und sucht die Fehler, keine Arbeit zu finden, immer bei sich“, sagt sie leise. „Es sagt einem ja kein Chef ins Gesicht, dass man zu alt ist. Man spürt es aber“, lässt Knehs Einblicke in ihr Seelenleben zu.
Auch finanziell ist es eng. Sie will das Haus ihrer Eltern erhalten. „Da hat man immer Angst, dass irgendetwas kaputt geht. Kino gehen oder einmal auf Urlaub fahren, ist sowieso überhaupt nicht drin“, erzählt sie ehrlich.
Schmerzlich empfindet sie, wenn sie höre, dass sie ohnehin immer Urlaub habe, weil sie ja nicht arbeite. „Ich wünsche es keinem Menschen, keine Arbeit zu finden, aber vielleicht habe ich ja heuer das Glück“.