Ehrungen mag er eigentlich gar nicht und so musste der Davis Cup schon in seine engere Heimat kommen, damit er seine überfällige Auszeichnung des internationalen Tennisverbandes (ITF) mit dem "Commitment Award" entgegennehmen konnte. Thomas Muster stand am Samstag in Graz wieder einmal auf einem Davis-Cup-Center-Court und wurde von den Fans gefeiert.

Im Anschluss stellte sich der 50-jährige, ehemalige Weltranglisten-Erste einer kleinen Journalistenschar. Muster hat seinen Lebensmittelpunkt mittlerweile wieder hauptsächlich nach Leibnitz verlegt, wo er nun mit Frau Caroline, Tochter Maxim und dem aus Australien nach Österreich gezogenen Sohn Christian lebt. Zudem hat Muster sowohl in Graz-Eggenberg, wo er ein Haus baut, als auch in Neuseeland ("da bin ich vier- bis fünfmal im Jahr") Baustellen.

Der 44-fache Turniersieger und bis dato einzige Grand-Slam-Sieger im Einzel aus Österreich investiert im Immobiliengeschäft. Was er sonst so macht? "Den Kleinen in die Arbeit führen, die Kleine in die Schule. Wie es halt so ist - und sonst bauen", sagte Muster.

links Juan Margets (ITF Ehren-Vizepräsident) und Werner Klausner (ÖTV-Präsident) überreichten die Auszeichnung während des Tennis Doppel Oliver Marach/Jürgen Melzer (AUT) gegen John Peers/Lleyton Hewitt (AUS)
links Juan Margets (ITF Ehren-Vizepräsident) und Werner Klausner (ÖTV-Präsident) überreichten die Auszeichnung während des Tennis Doppel Oliver Marach/Jürgen Melzer (AUT) gegen John Peers/Lleyton Hewitt (AUS) © APA/ERWIN SCHERIAU

Muster äußerte sich zudem zu einer Reihe von aktuellen Themen - hier ein paar Auszüge:

- Auszeichnungen: "Im Tennis gibt es keinen Kommerzialrat, da kriegst du solche Dinge (lacht). Natürlich ist es eine Auszeichnung für erbrachte Leistungen und das Commitment, für eine Nation zu spielen. Bis auf ein Jahr habe ich immer gespielt und das recht erfolgreich, vor allem in Österreich. Die Bilanz ist, glaube ich, sehr gut. Es gibt halt wenig Mannschaftsbewerbe im Tennis und Davis Cup. In Österreich war im Team nicht immer alles eitel Wonne, aber man hat sich halt zusammengerauft, um gemeinsam das Beste daraus zu machen."

- zur Modus-Änderung im Davis Cup: "Ja, leider. Aber man kann es nicht jetzt schon kritisieren, weil man zuerst einmal schauen muss wie es funktioniert, vielleicht ist es eh die bessere Geschichte. Am Ende des Tages ist es wieder einmal ein Kampf zwischen ITF und ATP, das geht eh schon seit 1990. Wer drückt wem was aufs Auge und der Kalender hat halt nur so viele Wochen, wer zeigt wem wie viel Macht er hat."

- zum Loslassen von Traditionen: "Man muss nicht immer die Tradition verfolgen, aber gerade im Davis Cup ist dieser Heimspielcharakter schon etwas Besonderes. Auch wenn es in der Euro-Afrika-Zone nicht so eine große Bedeutung hat."

- zum möglichen Abschaffen von Fünfsatz-Partien: "Man versucht, alles zu komprimieren, um es TV-konform zu machen, weil keinen Menschen ein Sechs-Stunden-Match interessiert. Das ist die Wahrheit. Man hat es mit allen möglichen Dingen probiert. Da könnte man endlos darüber diskutieren, aber das ist halt auch das Salz in der Suppe so ein Fünf-Satz-Krimi, der dann halt im fünften ausgeht. Das ist die pure Emotion am Schluss, das nimmt man dann halt auch weg. Es gibt für alles ein Für und Wider."

- ob er den Krimi Thiem-Nadal im US-Open-Viertelfinale gesehen hat? "Ja, ich bin eingeschlafen, aber meine Tochter hat mir dann gesagt, wie es ausgegangen ist. Sie hat gesagt, schon wieder gewinnt der Nadal, das ist unfair. Das hat meine Tochter dem Dominic gerade gesagt (lacht)."

- Der Übersiedlung seines Sohnes nach Österreich: "Er macht eine Stahlbau-Lehre und das schon seit einem Jahr."

- Zur Entwicklung von Dominic Thiem: "Es ist ähnlich wie letztes Jahr mit ein paar Verschiebungen: bessere Grand-Slam-Resultate, ein paar Schwankungen drinnen. Es kommen jetzt merklich neue Spieler nach, ein Jahr vom Zeitfenster ist wieder verstrichen. Es gibt einen Zeitpunkt in dem Fenster, in dem du der Chef bist oder eigentlich alles erreichen kannst und solltest, dann kommen die Jungen wieder nach und irgendwann bist du selbst der Alte. Die Luft ist halt sehr dünn."

- Wie lange er Thiems noch offenes Zeitfenster einschätzt? "Ich schätze drei, vier Jahre, dann werden die anderen auch etabliert sein und es kommen wieder neue nach. Nach wie vor sage ich, Paris ist seine größte Chance (für einen Grand-Slam-Titel, Anm.)."

- ob ihm der Rummel um seine Person abgeht? "Überhaupt nicht. Ich bin ein Mensch, der am wenigsten auf das steht. Herwig (Straka, sein Manager, Anm.) hat eine harte Zeit mich irgendwohin zu bewegen (lacht)."

- zur Begeisterung der Fans in Graz: "Es ist schön zu sehen, dass die Leute Begeisterung haben, wenn ein Zugpferd da ist. Der Österreicher ist ein kritischer Zuschauer und Fan, der nicht mit Kritik spart, wenn es nicht so läuft."

- einen neuen Tennisboom: "Ich weiß nicht, ob es ein Boom ist, auf jeden Fall gehen die Zahlen nach oben. Man verfolgt, vor allem was mit Dominic Thiem passiert. Ob das einen Boom auslöst, kann ich nicht sagen. Aber in einer Weltsportart unter den besten Zehn zu sein, ist großartig."

- Wann er zuletzt gespielt hat und ob seine Kinder spielen: "Bei mir war es zuletzt im Mai oder Juni. Meine Tochter spielt ein-, zweimal in der Woche."

- seine mögliche Aufnahme in die Hall of Fame: "Ich sage ja, vor dem Sterben kommt alles Mögliche (lacht). Ich glaube, dass es sehr amerikanisiert ist, dass man da mehr wert auf Hall-of-Fame-Geschichten legt. Amerika lebt von den Stars mehr, dass ist bei uns nicht so das Ding. Schön, wenn man dabei ist, oder in dem Kreis der Auserwählten, aber es wird mein Leben so oder so nicht verändern. Ich habe Spieler in der Hall of Fame gesehen, wo ich mich frage, was machen die dort. Ich selbst würde mich gar nicht dazuzählen, da gibt es welche, die ich noch weniger dazuzähle."