Da merkt man, was Graz gefehlt hat: Der neue Fürstenstand war noch nicht einmal offiziell geöffnet, da war das neue Ausflugslokal am Plabutsch schon bummvoll mit sportlichen Grazerinnen und Grazern, die per Fahrrad oder per Pedes auf den Stadtberg kommen, und auch einfach nur (sonnen-)hungrigen. Kein Wunder: Man ist schnell oben, etwas anstrengen muss man sich aber schon dafür, und die Belohnung ist ein fantastischer Blick über das gesamte Graz und rundherum – jetzt auch von der renovierten Aussichtsplattform aus. Der ehemalige Bergheurige wurde runderneuert und ist so geplant, dass man das Maximum an Platzerln mit Blick auf Graz herausgeholt hat: Ganz oben eine eigene Terrasse mit Selbstbedienung oder für selbst Mitgebrachtes, unten mehrere Terrassen zum Sitzen mit Bedienung, drinnen riesige Glasfenster.

Die Online-Reservierung hat trotz des Ansturms gut funktioniert – und war auch eine gute Idee, denn auf praktisch jedem Tisch pickt ein Zettel mit einer Reservierung. Gleich dürfen wir Platz nehmen und wenig später haben wir auch eine Speisekarte in der Hand. Die ist recht übersichtlich, was auf jeden Fall eine gute Idee in einem Lokal mit dieser Lage ist, vor allem, wenn die Gerichte auch so stimmig ausgesucht sind. Es gibt nicht 1:1 dieselben Klassiker wie überall – beispielsweise kein Schnitzel und kein Gulasch, dafür mit Backhendlsalat, Fish & Chips und Boef Stroganoff Lieblingsgerichte, die trotzdem auch am Berg stimmig sind. Zumal das ja auch ein Stadt-Berg ist.

Atemberaubendes Tempo

Die Kellner sprinten in atemberaubendem Tempo die Stufen auf und ab, ihre sportliche Leistung steht in keinem Gegensatz zu unserem bisserl Hinaufschwitzen. Nachdem alles voll ist, stellen wir uns bei diesem Andrang trotzdem auf eine längere Wartezeit ein, das Lokal ist ja auch erst seit ein paar Tagen offen. Da haben wir uns aber getäuscht: Fünf Minuten (!) nach der Bestellung haben wir unsere beiden Suppen am Tisch. Und nicht nur das, sie schauen toll aus und schmecken auch mindestens so toll: Die Bärlauchsuppe (6 Euro) hat ein ordentliches Knoblaucharoma, perfekte Konsistenz, die Croutons sind noch knusprig. Bei der Frittatensuppe (5 Euro) gibt es auch nichts zu beanstanden, kräftig abgeschmeckt, feine Frittaten, ein guter Sattmacher – oder Starter, wenn man eine kleine Wanderung hinter sich hat.

Weiter geht‘s mit Fish & Chips (18 Euro), serviert standesgemäß auf (Fake-)Zeitungspapier, Remoulade und mit einer Zitronenspalte, aber nicht ganz britisch, also ohne Mushy Peas und Essig für die Pommes. Wir sind aber ja auch in Graz, genauer gesagt hoch über Graz, und da schmeckt das richtig gut. Schöne, knusprige Panier mit Bierteig, ordentliche Pommes, das macht Freude. Wie auch das Paprikahendl (17 Euro), das zwar nur fast so gut ist wie bei Oma, was aber immer noch hohes Niveau bedeutet – mit zartem Fleisch, super Spätzle, gschmackiger und kräftiger Paprikasauce. Weil es von der Spitze des Plabutsch nur noch bergab geht, trauen wir uns auch noch zwei Nachspeisen zu, denn der Kuchen des Tages (5,50 Euro) ist ein Rhabarberkuchen, zu dem man prinzipiell nie nein sagen sollte. Er würde ein bisschen mehr Frucht vertragen, ist aber sonst herrlich flaumig. Die Kernöl-Crème brûlée (7 Euro) enttäuscht auch keineswegs – perfekte, harte Karamellschicht und drunter üppige Creme, dazu gibt‘s ein säuerliches Waldbeereis mit Himbeeren.

Unser Fazit: Wir sind durchaus beeindruckt von der Kondition und dem Koch-Können oben am Berg. Auch die Getränkeauswahl ist gut, es gibt etwa Oberbräu aus Bayern vom Fass und einen gut gefüllten Kühlschrank mit ausgewählten Weinen haben wir auch erspäht. Die Preise sind ebenso vernünftig wie die kleine Speisekarte mit guter Auswahl. Was wohl noch fehlt, ist etwas Veganes auf der Karte (Stichwort Stadt-Berg).

Unser Tipp: Es ist möglich, aber nicht ratsam, mit dem Pkw anzureisen – die Straße ist eng, der Parkplatz klein. Mehr Spaß macht es per (E-)Bike oder zu Fuß: Hier geht man zum Beispiel vom Schloß Gösting aus 60-90 Minuten, je nach Tempo und Route. Nicht verwirren lassen von den fehlenden Markierungen und Wegweisern, the only way is up. Extra-Tipp: Man kann auf der anderen Seite wieder hinuntergehen und landet direkt am Ufer des Thalersees. Hier kann man im neu übernommenen Thalersee Garten dann noch einen Drink nehmen (zB Montenegro-Spritzer mit Amaro und Tonic!) und mit dem Bus retour nach Gösting fahren.