Die teuren Strom- und Gaspreise haben nicht nur vielen Grazerinnen und Grazern die monatliche Haushaltsrechnung über den Haufen geworfen, sondern auch die Bilanz des heimischen Energieversorgers Energie Graz ordentlich durchgerüttelt. Das zeigt der frische Geschäftsbericht des Unternehmens.

Auf der einen Seite sind die Umsatzerlöse förmlich explodiert: Mit 275,7 Millionen Euro wurde ein Viertel mehr erlöst als noch 2021 (220,2 Millionen). Wer dachte, damit sprudeln auch die Gewinne – wie bei vielen Energieunternehmen –, der irrt aber. Denn das Ergebnis vor Steuern ist um 2,6 Prozent zurückgegangen: von 5,43 Millionen Euro im Jahr 2021 auf nun 5,29 Millionen Euro. Damit liegt die Umsatzrentabilität nur mehr bei 1,9 Prozent. Das ist für einen Energieversorger äußerst niedrig.

Energie Graz produziert drei Prozent der Energie, die sie verkauft, selbst

Warum das Jahr für die Energie Graz ergebnistechnisch verhältnismäßig schwach gelaufen ist? Weil die Energie Graz kaum eigenen Strom erzeugt, sondern fast alles am internationalen Markt einkaufen muss. Andere Energieversorger können viel Strom durch eigene, bereits abgeschriebene Wasserkraftwerke produzieren, zu Marktpreisen verkaufen und damit hohe Gewinne einfahren. "Solche Zufallsgewinne haben wir nicht", sagt Geschäftsführer Boris Papousek. An Eigenproduktion gibt es nämlich lediglich "drei Mini-Kraftwerke am Mühlgang, Photovoltaik und die Beteiligung am Murkraftwerk in Graz. Das macht gut drei Prozent der Strommenge aus". 

Energie Graz - Geschäftsbericht 2022 1.98 MB

Geschäftsbericht 2022 Energie Graz

Für die Energie Graz bedeutete das, dass man von "den exorbitant gestiegenen Preisen bei der Beschaffung" vollständig betroffen war, "und wir konnten und wollten das nicht voll an die Kunden weitergeben", so Papousek. Daher hoher Umsatz, aber weniger Gewinn.

Schwaches Finanzergebnis, aber hohe Investitionen

Was das finanzielle Ergebnis ebenso schrumpfen ließ, ist der Härtefallfonds, der für Kunden in Not eingerichtet wurde. "Eine Million Euro haben wir zur Verfügung gestellt", so Papousek. Das ist bei einem Gewinn von fünf Millionen Euro eine "relevante Größe". Der Fonds ist noch nicht aufgebraucht, aber Papousek geht davon aus, dass das noch notwendig ist.

Das schwache Finanzergebnis der Energie Graz hat aber keinen Einfluss auf die Investitionstätigkeit, betont Papousek: "Wie im Vorjahr investieren wir auch heuer 30 Millionen Euro, so viel wie noch nie." Und in der Tonart wird es weitergehen: Das reicht in den kommenden Jahren von Mega-Projekten wie der energetischen Klärschlamm-Verbrennung und dem Energiewerk vulgo Müllverbrennungsanlage bis zu mittleren und kleineren Investitionen in den Fernwärmeausbau, den vierten Helios-Abschnitt (Photovoltaik) und E-Auto-Ladeinfrastruktur.

Eber sieht einen "Spagat, der zu bewältigen ist"

Bei aller Unsicherheit durch den andauernden Krieg in der Ukraine sieht Papousek Zeichen dafür, dass der Energiemarkt sich wieder auf normalem Niveau einpendelt. Hält das an, "werden wir bei Gewinn und Umsatzrentabilität wieder dort sein, wo wir vor der Krise waren".

Die Stadt Graz, die via Holding Mehrheitseigentümerin der Energie Graz ist, sieht einen "Spagat, der zu bewältigen ist", wie Beteiligungsreferent Manfred Eber (KPÖ) es nennt. Es geht um "die Balance zwischen dem offenen und wettbewerbsorientierten Energiemarkt einerseits und einer sozial-ökonomischen verträglichen Tarifgestaltung andererseits". Papousek weist darauf hin, dass die Energie Graz "heuer die Gas- um 20 Prozent und Stromtarife um 27 Prozent reduziert" hat.