Was wurde nicht alles versucht. Verstärkte Kontrollen, Security im Supermarkt, laute klassische Musik, mit der die Ecke von einem Rathaus-Büro aus beschallt wurde, und auch Rufe nach Überwachungskameras oder einer Schutzzone: An der Tatsache, dass das "Billa-Eck" vis-à-vis dem Rathaus jahrelang ein beliebter Treffpunkt für eine notorische Problemgruppe blieb, änderte das nichts – sehr zum Leidwesen von Unternehmerinnen und Unternehmern rund um den Platz, die immer wieder von Drogendeals am helllichten Tag oder auch brutalen Prügeleien innerhalb der Gruppe berichteten.

Mittlerweile ist das berüchtigte Eck aber weitgehend leer: "Wir haben in ein paar Wochen das geschafft, was der Stadt seit vielen Jahren nicht gelungen ist", sagen Kened Baftiaj und Gerald Gutschi. Baftiaj hat kürzlich das "Amaro" mit einem großen Gastgarten direkt neben dem berüchtigten Szene-Treffpunkt aufgesperrt, Gutschi ist mit seinem "Pronto" auf der anderen Seite des Supermarkts seit vielen Jahren ein Platzhirsch am Hauptplatz. Und weiß als solcher auch ein Lied von der "Billa-Eck"-Klientel zu singen: "Früher sind sie sogar ins Lokal gekommen und haben am Damenklo gedealt, während wir in der Küche waren." Die Polizei und die Sicherheitswache hätten viel zu selten eingegriffen.

Gemeinsam leisten sich die beiden Geschäftsleute auf Initiative Baftiajs nun einen privaten Security-Mann. "Ich hatte zuvor natürlich Bedenken, an dieser Ecke ein Lokal aufzusperren", sagt Baftiaj, der schon seit zwei Jahrzehnten das "Il Centro" am Mehlplatz führt. Nun habe es aber gut funktioniert, am "Billa-Eck" ist merkbar Ruhe eingekehrt. 

Treffpunkt hat sich lediglich verlagert

Neuer Treffpunkt ist der Brunnen – wie schon vor dem 2007 verhängten Alkoholverbot
Neuer Treffpunkt ist der Brunnen – wie schon vor dem 2007 verhängten Alkoholverbot © NM

Freilich: Der Treffpunkt der Gruppe hat sich nun damit lediglich verlagert – neuer alter Treff ist der Erzherzog-Johann-Brunnen mitten am Hauptplatz, der bis zum Verhängen des Alkoholverbots 2007 ein Treffpunkt war, wenn auch in ganz anderer Zusammensetzung. "Unterm Strich hat sich wenig verändert", konstatiert Ordnungswache-Chef Thomas Lambauer. Während bei Drogen oder Gewalt die Polizei eingreift, kontrolliert die Ordnungswache die Einhaltung des Alkoholverbots am Hauptplatz.

"Natürlich lösen sich die Leute nicht in Luft auf", sagt auch Harald Ploder, der das Streetwork der Caritas im Drogenbereich leitet. Dass solche Treffpunkte an einen anderen Ort in der Stadt wandern würden, sei aber nichts Außergewöhnliches. Die Szene begleitet man schon viele Jahre, fünf Mal pro Woche schaut jemand vorbei und berät bei Sucht-, aber auch bei Schuldenproblemen. Dabei gehe es aber ums Versorgen, nicht ums Vertreiben.

"Grundsätzlich darf sich auch jeder im öffentlichen Raum aufhalten", betont auch Andrea Fink, Leiterin des Sozialamts. Konflikte mit Passantinnen und Passanten seien eher die Ausnahme, oft gehe es hauptsächlich um ein subjektives Sicherheitsgefühl.

Am "Billa-Eck" selbst ist dennoch Ruhe eingekehrt, Security-Profi Stephan weicht tagsüber nicht von der Stelle. "Ich hatte natürlich große Bedenken, hier ein Lokal aufzusperren, und bin ihm sehr dankbar, dass das funktioniert", betont Baftiaj. Ihre private Initiative ist aufgegangen – dennoch hätten sich Gutschi und er Unterstützung der Stadt gewünscht.

Städtische Hilfe soll nun zumindest über den Verein "Sicher leben" kommen. Für dessen Sicherheits- und Präventionsprojekte – neben dem "Billa-Eck" geht es auch um den Volksgarten und um die öffentlichen Grillplätze – hat der Stadtsenat letzte Woche eine Förderung von 100.000 Euro beschlossen.