Die Welt der Tattoos kennt Sasha Koitz seit 2010. Durch einen Zufall findet er den Weg in das Tattoo-Studio einer Freundin. Zunächst nur als Zeichner, später tätowiert er auch selbst und entwirft eigene Motive. Nach einer Zeit in Klagenfurt ist er inzwischen in Graz und Wien tätig und möchte mit seiner Arbeit als Tätowierer einen "Safe Space" für alle bieten.
Was ist ein "Safe Space" für dich?
SASHA KOITZ: Ich setze bestimmte Maßnahmen, um diskriminierungsfrei zu sein. Rassistisches, sexistisches oder queerfeindliches Verhalten und Diskriminierung allgemein hat bei mir keinen Platz. Als queere Person kann ich verstehen, dass man nicht nur gute Erfahrungen macht und im Studio oft Unsicherheiten auftreten können.
Welche Unsicherheiten sind das?
Witze auf Kosten der Kunden, rassistische Bemerkungen über die Hautfarbe oder Berührungen an Stellen, die eigentlich nicht notwendig sind, kommen immer noch häufig vor und lösen Unwohlsein bei den Kundinnen und Kunden aus. Das ist natürlich nicht in jedem Studio der Fall, aber viele sind nicht reflektiert und haben sich nicht weiterentwickelt. Es werden ja auch immer noch Tattoos mit rechten Symbolen tätowiert. Das darf nicht sein.
Wie stellt man einen "Safe Space" her?
Da gibt es einiges, was man tun kann. Am wichtigsten ist es, das Gefühl zu vermitteln, dass die Person ihre Wünsche frei äußern kann und auch alle Fragen stellen kann. Viele Studios erfüllen das nicht, man fühlt sich eingeschüchtert. Gerade in einem Tattoo-Studio gibt es aber keine blöden Fragen, ein Tattoo bleibt schließlich für immer auf der Haut. Ich frage die Personen außerdem immer nach ihren Pronomen und mache Körpernormen nicht zum Thema, die sind mir egal. Ich vermittle eine offene Haltung, das sollte überall so sein.
Welche Erfahrungen hast du als queere Person in Tattoo-Studios gemacht?
Mir ist tatsächlich noch nie etwas Schlimmes passiert, aber ich kenne halt viele Menschen in der Szene. Ich bin selbst Tätowierer, nehme aber wahr, dass sich in vielen Studios wenig getan hat in Bezug auf Offenheit. Mir wurden viele Erfahrungen geschildert, die echt nicht in Ordnung sind. Zum Beispiel, dass man die Tattoo-Farbe auf schwarzer Haut nicht sehen würde oder dass ein Tattoo auf einer Stelle aufgrund des Körperbaus nicht gut aussehen würde.
Was muss sich ändern, dass sich jeder im Tattoo-Studio wohlfühlen kann?
Die Tätowiererinnen und Tätowierer müssen ihre Einstellung ändern und reflektieren. Meiner Meinung nach sollte man sich als Artist nicht in den Vordergrund stellen, es geht um die Person. Ich denke, viele sind sich ihrer großen Verantwortung gar nicht bewusst. Ein Tattoo-Studio ist ein vulnerabler Ort. Man verbringt – oft halb nackt – eine längere Zeit mit jemandem und trägt am Ende das Motiv für immer auf der Haut. Da sollte man sich auf Augenhöhe begegnen.
Marie Schrittwieser