ür Ihre Leistungen auf der Opernbühne wurden Sie von den Kritikern zur "Sängerin des Jahres" 2008 gewählt. Wie wichtig ist das Lied für Sie?
DIANA DAMRAU: Genau so wichtig wie die Oper und die Kirchenmusik. Im Lied kann man ein bisschen feiner malen und eine größere Farbpalette verwenden, weil man frei ist vom großen Klang eines Orchesters. Man kann in ein Superpianissimo gehen und hat eine größere Ausdruckspalette zur Verfügung. Beim Liederabend interpretiere ich außerdem nicht nur eine Rolle, da bin ich einmal der Erzähler, dann kommentiere ich oder empfinde in der Ich-Form.

Sind die Liederabende in Ihrem Terminkalender gleichberechtigt mit der Oper?
DAMRAU: Leider nicht, weil es immer weniger Liederabend-Serien gibt. Aber ich habe drei Pianisten, mit denen ich Lieder erarbeite, und jetzt auch noch den Harfenisten Xavier de Maistre.

Wie kam es denn zu Ihrer Partnerschaft mit dem Soloharfenisten der Wiener Philharmoniker, mit dem Sie am Donnerstag im Grazer Stephaniensaal auftreten werden?
DAMRAU: Ich habe mit seiner Frau, die Geigerin ist, studiert, und gemeinsam mit ihm habe ich 2001 bei den Salzburger Festspielen debütiert, als ich die Stimme vom Himmel in Verdis "Don Carlo" gesungen habe.

Im Gegensatz zu vielen Ihrer Kolleginnen haben Sie erst relativ spät einen Exklusivvertrag mit einer Plattenfirma abgeschlossen. Als Virgin Classics 2007 ihre Solo-CD "Arie di bravura" veröffentlichte, waren Sie schon längst an allen großen Bühnen zu Hause.
DAMRAU: Ich bin absolut zufrieden damit. Jetzt bin ich so weit, dass bleibende Dokumente entstehen. Man braucht als junger Sänger ein wenig Zeit, um zu reifen. Oft werden junge Talente zu früh ausgeschlachtet. Singen ist wie guter Rotwein: Der wird auch besser, wenn er älter ist.

Nützt Ihnen die PR-Maschinerie des Weltkonzerns EMI/Virgin?
DAMRAU: Ich habe mir selbst erarbeitet, wo ich jetzt bin.

Welche Solo-CD lassen Sie auf die "Arie di bravura" und die Mozartschen "Donne" folgen?
DAMRAU: Eine Porträt-CD mit deutschem, englischem, französischem und italienischem Repertoire, mit Rollen, die ich zum Großteil schon gesungen habe. Eine ganz bunte Mischung, die erst heuer im Juni vervollständigt wird, weil ich während der Aufnahmen krank geworden bin.

Was hat Ihnen die Wahl zur "Sängerin des Jahres" 2008 durch die Kritiker der Zeitschrift "Opernwelt" außer vermehrten Interview-Anfragen gebracht?
DAMRAU: Es ist eine wunderschöne Ehrung, weil es kein erkaufter Preis ist. Diese Auszeichnung hat mich sehr gefreut, aber es hat sich dadurch nicht viel geändert.

Sie scheuen keinen Vergleich: Bei den Salzburger Festspielen haben Sie Anna Netrebko als Susanna in "Figaros Hochzeit" abgelöst und sie im Herbst an der Met in New York als Donizettis "Lucia di Lammermoor" ersetzt.
DAMRAU: Ich kann niemanden ersetzen, jeder Künstler ist ein Unikat. Frau Netrebko singt die Lucia ganz anders als ich. Sie legt sie lyrischer und dramatischer an, ich komme von der Koloraturseite und habe auch die ganz hohen Töne und schnellere Koloraturen. Aber das ist eine Rolle, die eine große Bandbreite offeriert, und in der jede Sängerin ihre Stärken hervorkehren kann.<