Am Anfang war ein Container. Er legte an jenem 1. Dezember 1993 den Grundstein für das VinziDorf, das neben dem Pfarrhof in der Grazer St.-Leonhard-Pfarre errichtet wurde. 13 Obdachlose waren die ersten Bewohner, die - durch das Leben auf der Straße und Alkohol gesundheitlich angeschlagen - hier eine "warme Stube" finden.

Aus der Bahn geworfen. Gerhard Hitter war einer von ihnen. Das Leben hat ihn aus der "Bahn" geworfen, das geht schnell. Krisen, Krankenstände, Frühpension, Delogierung lautet seine Kurzgeschichte. Es geht weiter, weiter hinunter. "Dann schlief ich im Bahnhof, suchte mir dort einen Waggon. Und schließlich ein Abbruchhaus", erzählt Hitter. Von dort verscheucht ihn die Polizei. Dann landet er im VinziDorf. "Da hat es schon viel besser ausgeschaut", erinnert er sich.

Bewusstseinsänderung. Mit dem VinziDorf hat sich viel geändert. "Sandler" haben jetzt nicht nur ein Obdach. Noch viel mehr zählt jedoch der Bewusstseinswandel, mit dem sich das "hässliche" Gesicht der Armut in der Stadt gewandelt hat: Hieß es früher angesichts eines Sandlers, "er soll aufhören zu saufen, ist eh selber schuld, geh' was arbeiten", so klingeln jetzt bei Pfarrer Pucher oder im Büro der VinziWerke die Telefone, wenn jemand auf der Straße landet. Verbunden mit der Frage: Wie kann ich helfen, was kann ich tun! Eine Änderung des Bewusstseins, die vor allem den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern zuzuschreiben ist. Sie erst ermöglichen, dass diese an den Rand Gedrängten, diese Gestrandeten des Lebens so viel Menschlichkeit erfahren können.

Wandlung. Das VinziDorf verändert seine Bewohner. So hat der bereits verstorbende VinziDorf-Bewohner Pichlmaier das Leben des ehemaligen Berufsganoven Karl-Heinz Haiberger von Grund auf verändert. "Noch nie habe ich einen solchen Menschen getroffen. Einen, zu dem ich von Haus aus Vertrauen hatte", erzählt Haiberger. Pichlmaier habe ihm gezeigt, dass "es auch anders" geht. Eine Wandlung passiert. "Zum Beispiel habe ich letztes Jahr im Dezember das erste Mal Weihnachten in Freiheit gefeiert", so Haiberger. Das war dann im VinziDorf. "Zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich Geschenke. Ich kannte dieses Prinzip vorher einfach nicht."