Das war Wahlkampf pur, was sich Donnerstag Nachmittag in der Gemeindestube abgespielt hat. Wohl nicht ganz ohne Absicht hat ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl die Anfrage seines Parteikollegen Gemeinderat Kurt Hohensinner zum Thema "Unterstützung für Jugendliche bei der Schaffung von Jugendtreffs" direkt im Haus beantwortet - für gewöhnlich gibt es später schriftliche Antworten. Daraus entwickelte sich eine über zweieinhalb Stunden dauernde polemisch geführte Debatte zwischen Schwarz und Rot unter grüner Beteiligung.

Vermummt. Angeheizt hat die Stimmung schon Nagl, der in seiner Antwort auf die kürzlich stattgefundene Hausbesetzung in der Grazbachgasse zu sprechen kam. Das seien linke Anarchisten, nur zu einem geringen Teil Jugendliche und vor allem aus Deutschland gekommene vermummte Menschen gewesen. Seine Äußerung, dass die Grünen und Teile der SPÖ in gewisser Weise mit diesen Besetzern sympathisierten, war Provokation genug.

Rote und grüne Gemeinderäte. wiesen solche Verdächtigungen empört zurück. Das Ganze wurde schließlich eine beinharte Abrechnung zwischen Schwarz und Rot um die Jugendpolitik. So warf VP-Stadtrat Werner Miedl der SP-Jugendstadträtin Tatjana Kaltenbeck-Michl vor, dass "die SPÖ Jugendpolitik nur für Randgruppen macht". Und Kaltenbeck warf der ÖVP unter anderem vor, dass sie dafür sorge, dass "der Platz für die Jugend in Graz immer enger wird". Da flogen die Schmutzkübel hin und her, kaum etwas aus den vergangenen fünf Jahren wurde ausgespart. "Ich bin schon lange in diesem Haus, aber so etwas habe ich noch nicht erlebt", bemerkte FPÖ-Urgestein Gemeinderätin Maxi Uray-Frick. Fast konnte man den zu diesem Thema wortlosen SP-Vizebürgermeister Walter Ferk beneiden, als er sich um etwa 16 Uhr zu einer Bawag-Veranstaltung verabschiedete und sich damit erlöste. Aber auch andere Stadtregierer folgten bald Ferks Beispiel: Um 17 Uhr saßen noch Nagl und SP-Stadtrat Wolfgang Riedler auf der Bank. Miedl führte dahinter stehend ein intensives Gespräch.