„Meistens werden wir erst gerufen, wenn der Hut brennt“, erzählen P Leitgeb und Christine Muchitsch: Dann haben Beschimpfungen gegen schwule, lesbische oder queere Personen schon überhand genommen, oder es ist zu Schlimmerem gekommen, und das Lehrpersonal googelt nach Workshops für die Schulklassen. Eigentlich geht es bei „queerfacts“ um Prävention – Sexismus und Extremismus soll vorgebeugt werden, indem Jugendliche ab 13 Jahren in ihren Schulklassen erfahren, wie individuell Liebe sein kann, welche Stereotype und Vorurteile es gibt oder wie sehr Sprache verletzen kann. „Wir stellen uns vor die Klassen und erzählen dabei auch unsere eigenen Geschichten“, sagen P und Christine. „Es geht um so etwas Intimes und Persönliches, das auf manche Menschen aber so polarisierend wirkt“, ergänzt Joe Niedermayer, der Vorsitzende der RosaLila PantherInnen. Das Ziel: „Wir möchten, dass die Workshops die Leute zusammenbringen. Oder, dass ihnen die Themen zumindest egal sind.“

Bereits seit 2007 bietet der Verein Workshops speziell für Schulen, Sozial- und Integrationseinrichtungen an. Zunächst wurde die Initiative größtenteils ehrenamtlich mit Unterstützung der Stadt Graz und des Landes Steiermark umgesetzt. Die vielen Erfahrungen, die man dabei gesammelt hat, flossen in das Projekt „queerfacts“, das seit einigen Jahren nicht nur in der Steiermark, sondern auch in Salzburg und Wien umgesetzt wird. Ab Oktober wird die Anzahl der Bundesländer verdoppelt – auch Kärnten, Oberösterreich und Vorarlberg kommen dazu. Das Gesundheitsministerium hat das Projekt bis 2026 verlängert und mit einer Förderung von 695.000 Euro unterstützt. Damit können nun unter Grazer Leitung in jedem Bundesland zwei Personen als Workshopleitung angestellt werden, in der Steiermark wird zusätzlich eine fachliche Leitung sowie eine Projektleitung etabliert. Man arbeitet eng mit den Organisationen HOSI Wien, HOSI Salzburg, VIMÖ – Verein Intergeschlechtlicher Menschen Österreich, Verein Amazone und INSIEME Kärnten zusammen, um das vorhandene Know-how in den Bundesländern optimal zu nutzen. „So ein großes Projekt hatten wir noch nie“, sagt Niedermayer: „Das ist ein großes Lob und eine große Ehre, aber auch eine große Verantwortung.“

281 Workshops wurden bislang abgehalten, 5284 Personen hat man bislang in den ersten drei Bundesländern erreicht. Eine der größten Herausforderungen seien dabei die unterschiedlichen Religionen und wie man queere Themen damit vereinbaren kann. „Dabei ist uns ein respektvoller Umgang sehr, sehr wichtig“, betonen P und Christine. Mit Provokationen habe man längst umzugehen gelernt – „aber es ist schwierig, wenn sich daraus eine negative Dynamik entwickelt und sich dadurch andere nicht mehr trauen, etwas zu sagen oder zu fragen.“ Um wirklich alle zu Wort kommen zu lassen, gibt es die „Blackbox“, in die anonym Zettel geworfen werden. Dabei gibt es viel positives Feedback, aber auch von religiösen Vorstellungen geprägte totale Ablehnung („Ich fühle mich krank und angeekelt, dass es so viele Geschlechter und Sexualitäten gibt, meine Kinder werden richtig und religiös erzogen, so wie Gott sie erschaffen hat“) und sogar schockierende Botschaften („If you are gay please unalive yourself“, also „Wenn du schwul bist, dann bring dich doch bitte um“).

Von solchen Kommentaren fühlt sich das Workshopteam aber nur noch mehr bestärkt: „Am wichtigsten ist es, dass wir dahin gehen, wo über queere Themen negativ gesprochen wird. Oder gar nicht.“