Von Jubel kann ohnehin keine Rede sein. Aber es ist auch schwer, allein von „erfreulichen Ausreißern“ oder positiven Trends zu sprechen, wenn im Jahr 2023 auf Grazer Straßen sieben Personen getötet wurden, darunter drei Radfahrer. Einmal mehr: Denn aus irgendeinem Grund steigt die Zahl der getöteten Verkehrsteilnehmer in der Landeshauptstadt im Zwei-Jahres-Rhythmus. 7–3–8–1 und eben 7, so liest sich die traurige Kurve in den vergangenen fünf Jahren.

Dennoch: Die jüngste Bilanz, die Peter Felber vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KfV) ausgewertet und in Relation mit vergangenen Jahren gesetzt hat, zeigt Trends, die eindeutig für mehr Sicherheit auf unseren Straßen sprechen. Aber auch von neuen Sorgenkindern.

Unfälle: Im Jahr 2023 ereigneten sich insgesamt 1545 Zwischenfälle mit Personenschäden in Graz. Im Vergleich zu den Pandemie-Jahren samt stellt das zwar eine leichte Steigerung dar (im Jahr 2020 krachte es 1287 Mal), mit Blick auf die letzten zehn Jahre jedoch spricht Felber von einem Minus über 12,6 Prozent. Noch anschaulicher wird dieser positive Rückwärtsgang, holt man die Landesstatistik dazu und zeitlich weiter aus: Vor 40 Jahren etwa passierten zwischen Andritz und Puntigam noch 2600 Unfälle mit verletzten Teilnehmern. Und forderten gar 19 Todesopfer.

Pkw: Während er den Zeigefinger auf eine lilafarbene Linie hält, meint KfV-Geschäftsführer Felber: „Das ist gleichsam ein Rekordtief.“ Diese Linie stellt den Anteil von Pkw-Lenkern bei Verunglückten in Graz dar – und endet vorerst mit 32,1 Prozent im Vorjahr. Das ist mit Abstand der niedrigste Wert seit 2014, damals lag der Anteil von verunfallten Autofahrern noch bei 47,4 Prozent (siehe Grafik).

Fahrräder: Die statistische Kurve für Zweiradunfälle zeigt nach dem Corona-Hoch zwar wieder nach unten, der Anteil liegt aber noch bei 31 Prozent. Besonders markant ist die Antwort auf die Frage, wie Radler stürzen. Felber: „Mit Abstand am häufigsten kommen sie ohne Fremdeinwirkung zu Sturz. Gegenüber dem Jahr 2014 sind diese Alleinunfälle gar um das Siebenfache gestiegen.“

Peter Felber, Geschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV)
Peter Felber, Geschäftsführer des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KfV) © Privat

Elektrisch: Der Boom der elektrisch betriebenen Geräte schlägt sich naturgemäß auch bei Unfällen nieder. So ging in den letzten fünf Jahren innerhalb der Radler-Gruppe der Anteil jener, die selbst strampelnd ins Straucheln geraten, von 94 auf 69 Prozent zurück. Anders gesagt: 31 Prozent der Radunfälle haben schon einen E-Beigeschmack. Doch egal, ob Scooter oder E-Bike: Jeweils 70 Prozent der verunglückten Lenker sind Männer.

E-Scooter: Im Vorjahr konnte erstmals separat analysiert werden, wie sehr bereits E-Scooter bei Zwischenfällen mitmischen. Das Ergebnis: Ihr Anteil liegt bei immerhin fünf Prozent. Aussagekräftig ist auch der Blick auf das Alter der Lenker: Entgegen der landläufigen Meinung, dass vorwiegend Senioren mit E-Bikes zu Sturz kommen, gehören 35- bis 39-Jährige zur traurigen Spitzengruppe – und landen 25- bis 29-Jährige gemeinsam mit 65- bis 59-Jährigen ex aequo auf Platz zwei. Bei Scootern allerdings verunglücken Junge deutlich am häufigsten und erleben Über-60-Jährige kaum noch Zwischenfälle – was wohl auch daran liegt, dass sich derzeit Ältere eher selten auf so ein Gerät stellen.

Resümee: Entsprechend durchwachsen fällt das Resümee von Peter Felber aus: „Dass nicht nur die Gesamtzahl an Unfällen rückläufig ist, sondern auch der Anteil der Pkw, ist grundsätzlich erfreulich.“ Die schmerzhaften Kehrseiten: „Dass wir wieder sieben Tote zu beklagen hatten. Überhaupt steigt bei Unfällen der Anteil der ungeschützten Verkehrsteilnehmer seit zehn Jahren und betrug im Vorjahr 58,8 Prozent.“ In Kombination mit der Elektromobilität werde man um eines nicht herumkommen, so der Experte: „Gerade Radanlagen, die einst unter ganz anderen Voraussetzungen gebaut wurden, wird man überprüfen müssen. Vor allem, was Sichtbeziehungen und Höchsttempo anbelangt.“