Es ist schon wieder drei Jahre her, dass ein Stück Unternehmensgeschichte in der Grazer Annenstraße aus der Mode kam: Im Juni 2021 sperrte C&A diesen Standort nach 35 Jahren zu. Geblieben ist bloß der unterirdische Lagerraum, der fortan als Teil einer Tiefgarage genutzt wird ­– für ein nagelneues Hotel: Ende Juni wird hier das Grazer Radisson eröffnet. Die 232 Zimmer, die man „zu marktüblichen Preisen“ ab 26. Juni buchen könne, sind praktisch fertig, wie sich beim Vorabbesuch der Kleinen Zeitung zeigt. Allein, der oben angesiedelte Fitnessraum mit Blick auf den Hauptbahnhof braucht noch ein paar Muskelspiele der Handwerker.

Es ist längst nicht der einzige Neustart in Graz: Noch im Herbst soll der Um- und Ausbau der Zimmer im „Steiermarkhof“ in Wetzelsdorf beendet sein, ab Ende 2024 liegen süße Grüße auf den Polstern im „harry‘s home“ in der Smart City. Dieter Hardt-Stremayr hat das Ganze durchgerechnet: Unterm Strich, auch nach manch prominenter Rückkehr unter neuem Namen (aus dem roomz-Hotel gegenüber der Messe wurde das Plaza Inn, aus dem ibis beim Bahnhof das „Best in Hosting“), werde die Zahl der Betten „im klassischen Bereich auf 8450 steigen. Also um 19 Prozent allein von Ende 2023 bis Ende 2024“, weiß der Chef von Graz-Tourismus. Sein Nachsatz: „Das ist schon ein bissl viel auf einmal.“

Essen unter gläserner Decke: Im Radisson-Restaurant sind auch Nicht-Hotelgäste willkommen
Essen unter gläserner Decke: Im Radisson-Restaurant sind auch Nicht-Hotelgäste willkommen © Saria

Aber nicht zu viel, oder? Immerhin müssen alle Touristen, die seit Jahren die Zahl der Nächtigungen nach oben treiben (2023 lag sie bei 1,3 Millionen) und allein beim Grazer Advent für eine Wertschöpfung von rund 25 Millionen Euro sorgen, auch wo untergebracht werden, richtig? Und immerhin ist der Markt stabil, nicht? Na ja, meint Dieter Hardt-Stremayr: „Die Sperrstunde beim Hotel Paradies in Straßgang ist noch nicht so lange her. Und abseits der Öffentlichkeit hat auch die eine oder andere Pension zugesperrt.“ Der Graz-Tourismus-Chef gibt vor allem eines zu bedenken: „Wir müssen aufpassen, dass kein Preiskampf und damit ein Verdrängungswettbewerb entsteht.“

Rechtzeitig zum Formel-1-Wochenende in Spielberg legt jedenfalls das neue Radisson beim Bahnhof los – samt Bar und Restaurant mit gläserner Decke, in denen man auch Nicht-Hotelgäste willkommen heißen wird. Man freue sich schon sehr auf den Start in einer Stadt, die „den Fokus auf das Weltkulturerbe“ legt, heißt es seitens der in Brüssel ansässigen Hotelkette, die laut Branchenmagazinen allein im Vorjahr ihr Portfolio um 30.000 Zimmerschlüssel erweitert habe.

Dieter Hardt-Stremayr, Chef von Graz-Tourismus: „Wir müssen aufpassen“
Dieter Hardt-Stremayr, Chef von Graz-Tourismus: „Wir müssen aufpassen“ © Werner Krug

Auch im Wortschatz von Florian Weitzer kommen „ausruhen“ und „Lorbeeren“ eher nicht vor, jedenfalls nicht in einem Satz. Der Grazer Hotelier, der einst mit der bewussten Demontage der Sterne in seinem „Wiesler“ für Aufsehen sorgte, lässt schon am nächsten Projekt bauen – und derzeit knapp 80 Zimmer im früheren Hotel „Goldener Ochs“, das 1967 von seiner Familie erworben und durch einen gläsernen Übergang mit dem Weitzer verbunden wurde, umfassend sanieren. „Für mobile, modern Reisende“, seien sie gedacht, so der Hotelier. Also für ein selbständiges Ein- und Auschecken dank Onlinebuchung und Code am Smartphone. Wer es weiterhin lieber klassisch möchte, sei an den Rezeptionen herzlich willkommen.