„Baum fällt!?“ Von wegen. Dass diese Worte nicht zu hören sind, liegt nicht nur am lauten Dröhnen des roten Helikopters: Denn bei den spektakulären Forstarbeiten, die am Montag am Grazer Schloßberg begonnen haben, fällt kein einziger Baum zu Boden, sie werden sofort per Seil vom Hubschrauber nach oben gezogen und direkt zum Lagerplatz für den Abtransport geflogen. Mitten im Grazer Stadtzentrum sind die Arbeiten nicht zu überhören. Der 1800 PS starke rote Bell 412 der Firma Heli Austria macht sich deutlich bemerkbar, und so wenden sich am Hauptplatz und Schloßbergplatz, wo man ihn am lautesten hört, alle Blicke nach oben.
„Wow“, entfährt es einem einem Herren, der vor dem Rathaus das Handy zückt, als erneut ein kahler, stark mit Efeu überwucherter Baum hinter dem Uhrturm vorbeifliegt. Am Schloßbergplatz hat sich eine Gruppe Touristen postiert: Dafür, dass sie heute nicht auf den Schloßberg hinaufgehen konnten (das „forstliche Sperrgebiet“ ist an allen Seiten mit Zäunen und Security abgeriegelt), werden sie mit spektakulären Urlaubsfotos mehr als nur entschädigt. Der Logenplatz ist freilich die Kastner-Terrasse, wo gerade eine Familie mit einem kleinen Buben den Ferienvormittag nutzt, um den Hubschrauber zu beobachten. Ein paar Minuten lang staunen sie, dann geht es wieder zurück, zum Rolltreppe fahren. „Das ist genauso interessant für ihn“, grinst der Vater.
So schnell geben Gabriele und Otmar Bergmann aus Stallhofen nicht auf, die beiden sind leidenschaftliche Flugzeug-Spotter. „So eine Aktion haben wir noch nie aus der Nähe gesehen, schon gar nicht im Stadtraum.“ Sie haben auch keine Zweifel, dass die 100.000 Euro Kosten teure Aktion die vernünftigste Lösung ist. „Die Bäume kriegt man gar nicht anders aus dem steilen Gelände, und wenn doch, bestünde immer die Gefahr, dass sie zu den Häusern hinunter rollen.“
Tatsächlich wird im Zehn-Minuten-Takt ein toter Baum nach dem anderen aus dem steilen Waldstück an der Westseite des Bergs geholt: Fichten, Eschen und Ahornbäume im Alter von 20 bis 70 Jahren, denen vor allem die Trockenheit der letzten Jahre zugesetzt hat – die Humusschicht am Schloßbergfelsen ist dünn und kann wenig Wasser speichern. 44 Bäume sind es insgesamt, das macht rund vier Prozent des gesamten Bestands, dazu kommt weiteres Totholz an 27 Stellen. Dank effizienter Vorarbeiten am Boden geht es flott voran. So konnte der Helikopter am Montag schon gegen 16 Uhr, eine Stunde früher als geplant, zu seinem „Nachtlager“ am Flughafen fliegen, das beliebte Ausflugsziel wurde für den Abend wieder geöffnet.
Wie geht es am Dienstag weiter? „Wir kontrollieren in den frühen Morgenstunden nochmals, ob sich noch Leute am Berg befinden und sperren dann erneut ab“, erklärt Holding-Graz-Sprecher Gerald Zaczek-Pichler. Am Dienstag dauern die Arbeiten von ca. 8 Uhr morgens bis 11.30 Uhr, dann fliegen nicht mehr die Bäume, sondern höchstens noch ein Hochzeitsstrauß: Die Arbeiten werden für eine schon lange davor geplante Hochzeit im Aiola Upstairs unterbrochen. Läuft alles so glatt wie an Tag eins, könnte man zu diesem Zeitpunkt sogar schon fertig mit den Hubschrauber-Arbeiten sein.