Neulich habe ich, in der Hoffnung, mich von den Nachrichten ablenken zu lassen, die Neue Galerie Graz besucht, um die Ausstellung „Ernsthaft?! Albernheit und Enthusiasmus in der Kunst“ anzuschauen. Nach Ende seiner Amtsperiode haben wir den Mann einigermaßen verdrängt, doch in letzter Zeit musste ich öfter an die clowneske Präsidentschaft Trumps denken: an die Unflätigkeiten, die selbstgefällige Frauenfeindlichkeit, die groteske Logik der White Supremacy, den pubertären Charakter, den die Politik in dieser Zeit annahm – sowie das Erodieren der Amtswürde und die Verrohung der Sprache nicht nur in den Medien, sondern auch in beiden Kongresskammern. Denn wir stehen heute vor der Aussicht, genau das Gleiche noch einmal zu erleben: nicht nur in den USA, sondern auch in Europa, auch in Österreich. Wir brauchen also Ideen, wie wir diese Gefahr abwenden können. Und um subversive Strategien zu studieren, gibt es nichts Besseres als die Kunst.  

In der Ausstellung „Ernsthaft?!“ entwirft Saâdane Afif eine Hommage an das absurde Theaterstück Ubu Roi des französischen Schriftstellers Alfred Jarry aus dem Jahr 1896. In Play Opposite or Ubu Roi Disseminated lässt Afif Auszüge aus Jarrys Stück auf Flugzettel drucken und verteilt sie in der Öffentlichkeit. Ubu Roi war so kontrovers, dass es schon bei der Premiere einen Skandal auslöste und prompt geschlossen wurde. Seine Berühmtheit gründet darin, dass seine revolutionäre Ohrfeige an die Macht fast 130 Jahre später noch immer zeitlos wirkt. In einer Parodie von Macbeth tötet ein Revolutionär den König von Polen, wird selbst König und führt dann eine Reihe obszöner Handlungen vor. Fett, infantil, vulgär, gierig und grausam: Ubu Roi ist ein Antiheld, dessen Relevanz so andauernd aktuell bleibt, dass in der französischen Sprache das Adjektiv „ubuesque“ in politischen Debatten bis heute Verwendung findet.

Eine Demokratie verteidigt sich nicht von alleine; man muss für sie kämpfen. Als Despot steht König Ubu für den Missbrauch von Macht und Autorität; gleichzeitig führt er uns unsere eigene Komplizenschaft vor, unsere Selbstgefälligkeit, unsere politische Faulheit. Wir lassen uns ablenken und schauen zu, wie in einer Zeit von Fake News und dem Verfälschen von Realität Wörter erodieren, wie sie ihre Bedeutung verlieren. Wird allerdings die Sprache selbst zur Waffe, so müssen wir uns anders wappnen. Denn der Weg hin zur immer perfekter manipulierten Massenmeinung und dem Zustand, vor dem Hannah Arendt gewarnt hat – dass es die Menschen irgendwann nicht mehr interessiert, was wahr oder falsch ist, wenn man die Tatsachen nur lange genug bewusst verdreht –, ist schon seit Langem im Gange.

Daumier und Chaucer, Rabelais und Swift: Die entwaffnende Kraft des Spotts, der Satire und des Hohns sind aus der Geschichte bekannt. Lachen ist seit Menschengedenken als Mittel eingesetzt worden, um Heuchelei, Bigotterie und Scheinheiligkeit zu unterlaufen und eine aufgeblasene Macht kleiner, lächerlicher erscheinen zu lassen. Doch die effektivsten Methoden der Kunst – schlechter Geschmack, Peinlichkeit, Unverschämtheit, das Pfeifen auf Konventionen – kennen wir inzwischen aus der Politik. Die Strategien, die wir brauchen, müssen raffinierter, klüger, subversiver sein.