Im Grazer Straflandesgericht hat am Montag ein regelrechtes Gedränge um die Plätze auf der Anklagebank geherrscht. Es war der Auftakt eines langwierigen Prozesses um eine steirisches Pyramidenspiel, bei dem neben 15 Angeklagten - ein 16. war krank - auch zahlreiche Anwälte untergebracht werden mussten. Im Mittelpunkt stand ein sogenannter "Schenkkreis" mit einem Betrugsschaden von 320.000 Euro.

Eigentlich sollten sich 16 Angeklagte wegen Pyramidenspiels, Betrugs und in einigen Fällen auch Geldwucher verantworten. Doch einer erschien nicht, er soll Depressionen haben. Dafür gab es acht statt zwei Schöffen - Richter Andreas Rom hatte vorsichtshalber sechs Ersatzpersonen geladen, da der Prozess bis Mitte Jänner dauern soll.

Staatsanwalt Hansjörg Bacher verwies auf die enge Verbindung der Angeklagten, die alle als führende Persönlichkeiten beim Pyramidenspiel dabei waren: "Sie waren alle verwandt, verschwägert oder bekannt. Sie sehen, wir haben es hier mit einem Familienunternehmen zu tun." Die Beschuldigten hätten alle Gewinne gemacht und andere Teilnehmer angeworben "die dann auf ihrem Schaden sitzen geblieben sind." Das Prinzip war immer gleich: 5000 oder 10.000 Euro mussten einbezahlt und zwei weitere Zahlungswillige angeworben werden, dann sollte nach kurzer Zeit der achtfache Betrag ausbezahlt werden. Einige der Angeklagten durchliefen diese Pyramide mehrmals und lukrierten unter anderem Gewinne von 700.000 Euro. Obwohl schon bald erste Probleme mit der Auszahlung auftauchten, fanden sich unentwegt neue Teilnehmer. "Gier frisst Hirn", lautete für Bacher die Erklärung für dieses Phänomen.

Zehn Jahre Ermittlungen

Das Spiel soll von 2006 bis 2008 gelaufen sein, zehn Jahre lang wurde dann ermittelt. Laut Ankläger wurden rund 300 Personen als Verdächtige einvernommen, weitere 800 als Opfer. Die nun Angeklagten "waren früh genug dran und haben daher noch Gewinne erzielt". Da es sich aber um ein "klassisches Schneeballsystem" gehandelt habe, funktionierte die wundersame Geldvermehrung nur, solange noch Mitspieler aufgetrieben werden konnten. Als Betrug wertete der Staatsanwalt, dass den Teilnehmern gesagt wurde, sie könnten jederzeit aufhören und würden ihr Geld zurück bekommen.

Richter Andreas Rom sitzt dem Schöffensenat vor
Richter Andreas Rom sitzt dem Schöffensenat vor © APA/ERWIN SCHERIAU

Der Verteidiger der ersten beiden Beschuldigten, Harald Christandl, bezeichnete die Anklage als "völlig überzogen". Die Beträge, "die da herumschwirren", seien alle nicht belegt. Der Gutachter habe nur "hypothetisch nachgerechnet, es gibt ja keine Buchhaltung." Das Ganze habe schon Jahre vorher in Deutschland begonnen, wo Pyramidenspiele nicht strafbar sind und wo auch die Auszahlungen erfolgten. "Es war wie eine Tupperparty, nur in großem Stil", beschrieb es der Anwalt. Den Vorwurf des Betruges bestritt er für seine Mandanten. "Das sind keine Kriminellen, das waren ganz normale Staatsbürger, die sich haben hinreißen lassen."

Bereits am ersten Tag ist die Anzahl der Angeklagtendeutlich geschrumpft. In sechs Fällen entschied der Richter, dass eine diversionelle Einigung möglich wäre. Den Beschuldigten wurde eine Geldbuße auferlegt, außerdem müssen sie den Schaden gutmachen.

Staatsanwalt Hansjörg Bacher hatte keine Einwände gegen das diversionelle Vorgehen. Die Angeklagten, denen diese Variante angeboten wurde, erklärten allesamt, sie würden Verantwortung übernehmen und den Schaden gutmachen.

Am Rande des Prozesses kam auch zur Sprache, dass das Gutachten 1,4 Millionen Euro gekostet hat. Der Sachverständige Fritz Kleiner hat mehrere Jahre an dem Fall gearbeitet. Die Kosten wurden allerdings mittlerweile beeinsprucht.