Der Prozess gegen 17 Anhänger der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) ist am Dienstag mit den vorerst letzten Zeugen weitergeführt worden. Zu hören war unter anderem der Rektor der Universität Klagenfurt, Oliver Vitouch. Er sprach von einer "martialischen Aktion", die an seiner Uni von der IBÖ während einer Vorlesung veranstaltet wurde. Der Prozess könnte Donnerstag oder Freitag zu Ende gehen.
Vitouch beschrieb, dass jene Vorlesung, die von den Identitären gestürmt worden ist, - entgegen den Vorhaltungen der IBÖ - Bezug zu bereits in Österreich lebenden Flüchtlingen hatte und keine Zuwanderung fördern sollte. Er unterstrich allerdings Aussagen aus einem Interview, wonach Migration nötig sei, da Kärnten ohne diese etwa im wirtschaftlichen Erfolg ins Hintertreffen geraten würde: "Eine reine Ausländer-raus-Strategie ist keine gute Strategie für Kärnten."
Zum Hergang der IBÖ-Aktion befragt, schilderte der Rektor, wie er von einer Kollegin angerufen wurde: "Sie sagte, da gehen eigenartige, verkleidete Figuren zum Hörsaal C." Sie ging ihnen nach und rief noch einmal an: "Das sind Identitäre, komm schnell", sagte Vitouch. Beim Hörsaal angekommen, habe er versucht, die tumultartige Aktion zu unterbinden. Als ihm das nicht gelang, rief er die Polizei und wollte einen der Männer festhalten. Dieser habe sich aber losgerissen, wodurch dessen T-Shirt kaputt ging. Dann konnte er die Lederjacke eines anderen Identitären greifen: "Ich forderte ihn auf, mir seinen Namen zu sagen und einen Ausweis zu zeigen." Der Mann habe jedoch die geballte Faust drohend hochgezogen und dabei "spöttisch gelächelt", ehe er dem Rektor "dosiert" in den Bauch geschlagen habe. "Es war verschmerzlich, ich hatte aber eine Woche lang einen blauen Fleck. Dann lief die Gruppe johlend davon."
Für Vitouch sei die gesamte Aktion einer "Invasion" nahegekommen und es wurde in seinen Augen eine "pauschalisierende Gleichsetzung von Islam und islamistischem Terror" vorgenommen. Ein in Lederhose gekleideter, von Schaumstoff-Stücken "gesteinigter" Mann habe auf den Rektor wie ein Andreas Gabalier ausgesehen. "Das war keine sachliche Kritik, sondern eine Inszenierung zu einem bestimmten Zweck." Die "Kommando-Struktur" der Bewegung sowie auch das Logo der IBÖ würden Vitouch an die Sturmabteilung (SA) der Nationalsozialisten erinnern.
Der Leiter der Vorlesung wurde ebenfalls im Zeugenstand befragt. Er erinnerte sich an eine "sehr unangenehme Atmosphäre", die durch die "hasserfüllte Aktion" entstanden sei. Es wäre jederzeit möglich gewesen, dass die Kritiker mitdiskutieren, meinte er vor Gericht. Er wurde vom Verteidiger gefragt, weshalb er keine kritischen Stimmen am Podium der Veranstaltung geladen hatte. Daraufhin sagte der Leiter, dass er zwei Mal beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) angesucht hatte. Der Verteidiger meinte daraufhin: "Warum nicht jemanden von der politischen Opposition?" Der Zeuge erwiderte: "Es sollte keine politische Veranstaltung sein." "Aber Sie haben ja Politikwissenschafter eingeladen", warf der Verteidiger ein. "Ja, aber das sind keine Politiker", war die Antwort des Zeugen.
Eine Teilnehmerin der Vorlesung erklärte vor Gericht, dass sie die Veranstaltung in keiner Weise als Propaganda für Zuwanderung gesehen habe. Sie hatte die Aktion mit ihrem Mobiltelefon gefilmt und Angst gehabt, dass es zu körperlicher Gewalt kommen könnte.
Als vorerst letzter Zeuge wurde ein Mann gehört, der bei einem IBÖ-Stammtisch Kleber mitgenommen hatte und diese Wochen später in einer "Rauschaktion" nahe einem Caritas-Flüchtlingsheim aufklebte. Beim Stammtisch sei ihm zwar gesagt worden, dass er diese nicht öffentlich aufkleben soll, aber er hat es dennoch getan: "Ich habe Probleme damit, dass die (Flüchtlinge, Anm.) das ganze Geld bekommen, das eigentlich Österreichern zusteht", begründete er vor dem Richter.
Nach den Zeugen werden nun noch einmal alle 17 Angeklagten ergänzend befragt. Die Schlussplädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung dürften bereits am Donnerstag oder Freitag zu hören sein. Damit geht der Prozess früher als geplant ins Finale.
Die 17 Beschuldigten müssen sich seit Anfang Juli unter anderem wegen Verhetzung vor Gericht verantworten. Sie stritten das bisher ab und sprachen lediglich von aktionistischer Kritik an radikaler Islamisierung und "unkontrollierter Massenzuwanderung".