25 Jahre lang leitete er den Abfallwirtschaftsverband (AWV) Liezen, dann der Knalleffekt im Februar 2021: Der langjährige Geschäftsführer wurde suspendiert und aus dem Büro verwiesen. Er habe "Vergaben gemacht, für die die Beschlüsse fehlen, sowie sich eigenmächtig Überstunden ausgezahlt", sagte der Landtagsabgeordnete und St. Gallener Bürgermeister Armin Forstner (ÖVP), damals erst einige Monate AWV-Obmann. Gemeinsam mit seinem Landler Amtskollegen Bernhard Moser (SPÖ) sei man auf diese "Unregelmäßigkeiten" gestoßen.

Es folgten eine fristlose Entlassung, ein arbeitsrechtliches Verfahren und am heutigen Dienstag auch das strafrechtliche: Der geschasste Geschäftsführer musste sich am Landesgericht Leoben vor einem Schöffengericht wegen des "Vergehens der teils versuchten Untreue" verantworten. Das wird mit einem Strafmaß von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe belangt.

Staatsanwalt: "Massive Interessenskonflikte"

"Im Zuge des Obmannwechsels wurden zahlreiche Vorwürfe mit schiefer Optik und massiven Interessenskonflikten aufgedeckt", sagte Staatsanwalt Thomas Spiegel in seinem Eröffnungsplädoyer. Auch wenn die meisten Punkte "im Zweifel nicht erweislich waren". Vorgeworfen wird dem ehemaligen AWV-Chef aber sehr wohl, die Lohnverrechnung angewiesen zu haben, "ohne Anspruchsberechtigung und ohne Genehmigung insgesamt 2007 Überstunden zurück bis ins Jahr 1996 zu erfassen".

15 davon wurden ihm ab März 2020 dann monatlich ausbezahlt. Das habe sich auf rund 15.700 Euro zusammengeläppert, bei weiteren 146.000 Euro "ist es beim Versuch geblieben, weil der neue Obmann draufgekommen ist und das abgestellt hat", so der Staatsanwalt.

Verteidiger: "Hier sitzt ein armer Mann"

Die Gegenseite plädierte auf "nicht schuldig": "Die Staatsanwaltschaft hat zwei Jahre ermittelt. Von den zig Vorwürfen ist einer übrig geblieben", sah sein Verteidiger, Hans-Moritz Pott, ein politisches Ränkespiel. Sei doch der Posten des AWV-Obmann von der SPÖ zur ÖVP gewechselt. "Mein Mandant war nicht mehr genehm." Außerdem sei kein Schaden entstanden, wären die 15.700 Euro im Zuge der Entlassung gegengerechnet worden. Pott sprach von einem "Kampf David gegen Goliath. Hier sitzt ein armer Mann."

Richter Thomas Obmann
Richter Thomas Obmann © Veronika Höflehner

25 Jahre Überstunden erst 2019 kommuniziert

Zu seiner Verteidigung legte der Angeklagte ein Verzeichnis seiner Überstunden seit 1996 vor. Gezeigt habe er diese dem Vorstand aber nicht. "Warum nicht?", fragte Richter Thomas Obmann. "Weil ich der Meinung war, dass ich dafür selbst verantwortlich bin", gab er zurück. "Rein von der Optik her ist das schon zu hinterfragen", meinte der Richter. Bis zur Auslagerung der Buchhaltung 2019 an eine Fremdfirma "führen sie eine Liste nur für sich. Justament, als sie dann ausgelagert wurde, kommunizieren sie die Überstunden."

Dass sie weder die Liste gesehen noch Anweisung gegeben haben, Überstunden auszuzahlen, bestätigten AWV-Obmann Forstner wie auch der Liezener SPÖ-Altbürgermeister Rudi Hakel (von 2000 bis 2018 Obmann). Hakel stellte sich in seiner Aussage aber demonstrativ hinter den Angeklagten: "Er hat in dieser Zeit viele Dinge geleistet, die über das Normale hinausgegangen sind." Das rechtfertige auch den "Sonderdienstvertrag", der mit ihm 2001 abgeschlossen wurde – mit privater Pensionsvorsorge, Kündigungsverzicht auf Lebensende und 47 Prozent "Verwendungszulage". 

Nettogehalt von 7500 Euro 

Dass sein Vorgänger "ein Opfer politischer Verfolgung" sei, lehnte der jetzige Geschäftsführer Moser "kategorisch ab". Als man zum ersten Mal seine Gehaltabrechnung gesehen habe, wollte man "einschreiten, um Schaden vom AWV abzuwenden". Habe sich die Nettosumme mit Überstunden auf "monatlich 7400 bis 7500 Euro" belaufen.

Nach rund sieben Stunden wurde die Verhandlung auf nächste Woche vertagt, dann ist unter anderem die Liezener Altbürgermeisterin Roswitha Glashüttner (SPÖ) als Zeugin geladen.