Reifenfetzen liegen am Gehsteig neben der Rohrmoosstraße, das weiß-rote Absperrband kennzeichnet jene Stelle, an der in der Nacht auf Sonntag ein deutscher Reisebus über die Böschung stürzte. Ein einsamer Baum mit abgebrochener Spitze steht trotz des Unfalles noch, die Leitplanke hängt hingegen verbogen den Abhang hinunter.
Mehr ist von der Tragödie, die einen Toten und acht Schwerverletzte forderte, am Sonntagvormittag nicht mehr zu sehen. Niederländische Skiurlauber haben andererseits mehr gesehen, als ihnen lieb ist. Sie waren in den Nachtstunden die Ersten vor Ort. Gezwungenermaßen, kam der Bus doch nur wenige Meter neben ihrer Ferienwohnung – die sie erst wenige Stunden zuvor bezogen hatten – zu liegen.
Wie eine Lawine
"Zuerst hat es gedonnert wie bei einem Gewitter und dann war es so, als ob direkt neben uns eine Lawine hinuntergeht", erzählt ein Familienvater der großen Gruppe aus Enschede im Osten der Niederlande. Kurz danach läutete eine Frau an der Tür, panisch und verwirrt: "Sie hat uns gebeten, dass wir die Polizei rufen." Ein Teil der Gruppe lief sofort zum Bus, ein anderer übernahm die Verständigung der Einsatzkräfte. "Ich habe den Motor des Busses ausgeschaltet und mich um den Buschauffeur gekümmert. Er war komplett eingeklemmt", sagt der Mann. Eine Stunde wird die Feuerwehr letztlich brauchen, um ihn herauszuholen. Der 51-Jährige befand sich am Sonntag laut Polizei noch im kritischen Zustand.
Es waren chaotische Minuten, in denen unklar war, wie schwerwiegend der Unfall wirklich ist. Ein Mitglied (31) der deutschen Polterrunde konnte nur mehr tot aus dem Bus gezogen werden. Beim Todesopfer handelt es sich ausgerechnet um jenen Mann, der demnächst hätte heiraten sollen. Viele der 32 Insassen trugen aber nur leichte Verletzungen wie Schnitte davon. Kam der Bus doch mit dem Vorder- und Hinterteil günstig auf zwei Pfeilern zu liegen, "dazwischen war ein Freiraum", berichtet Gerald Petter, Einsatzleiter der Feuerwehr Schladming.
Kritik an fehlender Absperrung
Während so mancher Schaulustige am Sonntagvormittag ein Auge auf die Unfallstelle wirft, holen sich viele Einheimische ihre Information aus erster Hand. Gelandet ist der Bus nämlich auf der Garage einer Schmiede mit angeschlossenen Ferienappartements. Im dazugehörigen Büro herrscht Hochbetrieb. Die Polizei kommt zur Vernehmung der Ersthelfer, das Kriseninterventionsteam (KIT) zum Zuhören.
Der Schladminger Besitzerfamilie steht der Schock ins Gesicht geschrieben: "Viel geschlafen haben wir nicht", sagen sie, Kaffee und Tee ausschenkend an alle, die vorbeikommen. Über den Unfall selbst wollen sie nicht viele Worte verlieren: "Eine Katastrophe" sei es, besonders weil bereits 2017 ein Lkw auf genau dieselbe Stelle gestürzt ist. Geändert hat sich seither nichts: "Es muss eine ordentliche Absicherung her, damit das nicht noch mal passiert", betonen sie.
Viele helfende Hände
Viel Lob gab es hingegen für die Einsatzkräfte: Drei Feuerwehren, das Rote Kreuz, die Bergrettung, die Polizei – alle halfen zusammen und hatten das Chaos binnen Kürze organisiert. Die Businsassen wurden anschließend ins Diakonissenspital Schladming gebracht. "Viele unserer Mitarbeiter sind aufgrund des Sirenenalarms von selbst gekommen, um zu helfen", berichtet Sprecher Martin Reif. Nach drei Stunden war die Versorgung abgeschlossen. Fünf schwerer verletzte Personen blieben bis Sonntagnachmittag zur Überwachung im Krankenhaus, bevor es auch für sie zurück nach Deutschland ging.
Weiter in Schladming bleiben wird die niederländische Urlaubergruppe – auch wenn in der Nacht keiner mehr in dem Appartement direkt neben dem verunfallten Bus schlafen wollte. Sie werden ihren Urlaub wie geplant durchziehen, trotz allem: "Wir verdauen das jetzt und dann gehen wir gemeinsam Ski fahren", erklärt der Familienvater.