Die Situation ist nicht neu, "aber jetzt ist die Lage eskaliert", schildert ein Rot-Kreuz-Insider den eklatanten Engpass in der notärztlichen Versorgung, der vor allem den Bezirk Liezen trifft und für Verunsicherung sorgt.
"Ein Notarzt aus Rottenmann hätte schneller beim Patienten sein können", kritisiert NAbg. Mario Lindner (SPÖ), selbst ehrenamtlich beim Roten Kreuz tätig, "aber es war wieder einmal keiner verfügbar". Geschuldet sei das einer Umstrukturierung des steirischen Notarztwesens: Bis vor Kurzem fungierten Spitalsärzte der Kages als Notärzte und standen gemeinsam mit dem Roten Kreuz sieben Tage die Woche, 24 Stunden täglich, zur Verfügung.
Dünne Personaldecke
Diese Theorie wurde aufgrund der dünnen Personaldecke in der Praxis bereits des Öfteren unterlaufen, mit dem neuen System reihe sich aber eine Lücke an die nächste: "Auf die Kages-Ärzte können wir nur mehr wochentags von 7 bis 15 Uhr zurückgreifen", so Lindner, die restliche Zeit müsse mit Honorarkräften überbrückt werden. Das sind niedergelassene (Allgemein-)Mediziner mit Notarztdiplom, Ärzte aus anderen Spitälern oder auch solche der Kages, die in ihrer Freizeit für die ausgelagerte Gesundheitsversorgungs GmbH tätig sind.
Vor wenigen Wochen hat sich laut Lindner im unteren Ennstal bereits ein ähnlicher Fall wie in Lassing ereignet: "Es handelte sich um einen hochbetagten Menschen, der dringend medizinische Hilfe brauchte, aber im Stützpunkt Rottenmann war kein Notarzt vorhanden, und die beiden Hubschrauber C14 und C17 waren woanders im Einsatz."
Hilfe kam zu spät
Auch in diesem Fall kam letztlich jede Hilfe zu spät. "Wobei ich betonen möchte, dass niemand mit Gewissheit sagen kann, dass ein Notarzt Leben hätte retten können. Fakt ist aber: Es war keiner da", resümiert Lindner. Den Einsatzkräften des Roten Kreuzes setzen die Bedingungen jedenfalls zu: "Das zermürbt uns", sagt ein Sanitäter, der ebenfalls anonym bleiben möchte.
In den Regionen Schladming und Bad Aussee leisten auch Ärzte aus den angrenzenden Bundesländern Salzburg und Oberösterreich Notdienste, im größten Versorgungsgebiet Rottenmann mit 800 bis 900 Notarzteinsätzen im Jahr sei die Lage besonders angespannt. "Am Wochenende nach Pfingsten hatten wir 24 Stunden keinen Notarzt, zu Fronleichnam von Freitag 15 Uhr bis Montag in der Früh", nennt Lindner einige Beispiele.
Sanitätern graut vor den nächsten Wochen
Bei ihm würden sich in den letzten Tagen auch Meldungen aus anderen Bezirken häufen. Aus Hartberg und sogar Leoben seien ihm ähnliche Probleme zugetragen worden, dem gehe er jetzt nach.
Rot-Kreuz-Sanitätern graut es vor den nächsten Wochen, wenn urlaubsbedingt noch mehr Ärzte ausfallen und noch mehr Dienste unbesetzt bleiben. Das neue Konzept wird derzeit implementiert, bis September soll es steiermarkweit umgesetzt sein.
Ute Groß