Wer sein Kind nicht im Diakonissenspital Schladming auf die Welt bringen wollte oder aufgrund einer Risikoschwangerschaft nicht konnte, den führte der Weg meist in das Kardinal Schwarzenberg Klinikum Schwarzach (St. Johann/Pongau). Das ist nun deutlich erschwert: Seit Montag gilt dort ein Aufnahmestopp für Normalgeburten.
Und zwar für alle Schwangeren, die nicht aus dem Pongau oder dem Lungau stammen. Risiko- und Frühgeburten ab 29 Schwangerschaftswochen sind aber weiterhin für alle Frauen möglich. Ausgesetzt werden mussten hingegen Neuaufnahmen und OP-Eingriffe bei onkologischen Erkrankungen, die operative Versorgung von Brustkrebspatientinnen oder auch Gebärmutterentfernungen.
Drastische Überforderung der Ärzte
Dieser drastische Schritt wurde gesetzt, weil in der Abteilung für Geburtshilfe und Gynäkologie gleich vier Ärztinnen und Ärzte inklusive eines Primars gekündigt haben. Sie werden das Spital in den nächsten Monaten verlassen. Durch "andauernde Engpässe" habe sich laut Klinikleitung "ein Überforderungssyndrom eingestellt, das zu einer Kettenreaktion geführt hat". Man sei aber bereits in Gesprächen mit potenziellen Bewerbern. "Wir sind zuversichtlich, bald eine Lösung anbieten zu können." Wie lange die Situation andauern werde, könne man aber nicht sagen.
Schladming springt ein
1200 Geburten gab es 2021 im Kardinal Schwarzenberg Klinikum. Rund ein Drittel – also 400 Normalgeburten – will das Spital durch diese scharfe Maßnahme "einsparen". Diese werden auf Zell am See, St. Johann in Tirol, Hallein, das Uniklinikum Salzburg sowie die Klinik Diakonissen Schladming umgeleitet. Damit erwartet man sich eine "deutliche Entlastung des Ärzteteams", sagt der stellvertretende ärztliche Direktor Josef Riedler. Und fügt hinzu: "Wir werden niemanden bei einem Notfall abweisen, weil die Postleitzahl nicht passt."
In Schladming sieht man der zusätzlichen Aufgabe gelassen entgegen: "Wir haben für die Geburtshilfe eine 24-Stunden-Versorgung, sieben Tage die Woche. Die von Schwarzach angekündigten Mehrgeburten sind daher gut zu integrieren", sagt Verwaltungsleiter Hannes Stickler. So finden im Diakonissenspital pro Jahr rund 150 Geburten statt, durch den Aufnahmestopp werden es voraussichtlich 60 Prozent mehr werden.
Aufnahmekriterien bleiben
Weil die Klinik Diakonissen ein Standardkrankenhaus ist, konnten schon zuvor nicht alle Schwangeren aufgenommen werden. Wie sieht die Situation jetzt aus? "Durch die Schwangerschaftsuntersuchungen bei den niedergelassenen Ärzten wissen wir sehr früh, ob eine Geburt bei uns potenziell möglich ist", so Stickler weiter. Zudem gibt es danach noch ein "Risikoscreening" direkt vor Ort.
Diese Kriterien ändern sich durch den Aufnahmestopp in Schwarzach nicht: "Ist eine Schwangere für eine Geburt bei uns nicht geeignet, wurde sie schon zuvor nach Schwarzach, aber auch oft an das LKH Hochsteiermark in Leoben verwiesen, zum Beispiel bei einer Zwillingsgeburt." Zudem sei das LKH Rottenmann die nächste Option, "vor allem für die Menschen aus der Mitte des Bezirkes", so Stickler.
Er betont aber auch: "Jetzt sind die werdenden Mütter aufgefordert, bei Wehen lieber früher als später ein Krankenhaus aufzusuchen. Da wird oft zu lange gewartet." Dabei sollte man sich jetzt eben "eher in Richtung Leoben" aufmachen.
Leitspital würde bereits helfen
Spricht die Situation in Schwarzach für die Weiterführung der Geburtshilfe in Schladming und gegen ein Leitspital? "Ganz im Gegenteil", sagt Stickler. "Gäbe es das Leitspital schon, würde das die Situation sofort entschärfen." Denn in der künftig für 500 Geburten pro Jahr ausgelegten Station in Stainach-Pürgg würde ein Risikoscreening wie in Schladming wegfallen und "fast jede könnte dann dort gebären".