Einen ungewöhnlichen Einblick in den berüchtigten "Keller" der Justizanstalt Graz-Karlau hat die Anstaltsleitung am Dienstag geboten. Der ehemals düstere Gang und die Zellen wurden in die "Rue Simart" verwandelt - eine Begegnungszone für Insassen nach Vorbild einer französischen Gasse mit einem "Cafe de Paris", dem Raucherraum "Tabac" und Blick auf einen an die Wand gemalten Eiffelturm.
Anstaltsleiter Josef Mock begrüßte Gäste, Mitarbeiter und Wachebeamten zu einem "Straßenfest" im Untergeschoß der Karlau und machte um die dunkle Vergangenheit des "Kellers" kein Geheimnis: "Die Abteilung wurde geschlossen, kurz bevor ich 2014 hier Leiter wurde. Es gab Stahltüren, es war düster und es galt die Abschottung. Der 'Keller' war durchaus gefürchtet, denn da war ein Gefangener noch ein bisserl mehr Gefangener." Die Räumlichkeiten dienten im Anlassfall zur Absonderung für auffällig unangenehme Insassen. 2013 hatte sich einer der Insassen in einer der Zellen erhängt. Seither war der "Keller" öffentlich umstritten und im Verruf, er wurde geschlossen.
Heute stehen Einzelzellen in anderen, besser ausgestatteten Räumen zur Verfügung, um Absonderungen zu vollziehen, schilderte Mock. Den "Keller" wollte man jedoch sinnvoll nützen: "Der Ort sollte eine gegenteilige Bedeutung erfahren. Es ist ein Platz der Begegnung und der Freizeit, für niederschwellige Beschäftigung für jene, die bei den anderen Jobs in der Anstalt nicht arbeiten können. Wir wollen keinen Insassen zurücklassen", meinte der Anstaltsleiter.
Gestaltet wurde die "Rue Simart" von den Häftlingen selbst. Einer der Insassen ist Maler und schmückte die sonst trostlosen Wände mit Hausfassaden und das mit erstaunlicher Detailliebe: Sogar die aufgemalten Pflastersteine am Boden fehlten nicht. Die Insassen können in den Räumlichkeiten ihre Freizeit gestalten, basteln, Bücher lesen oder Tischtennis spielen. "Wir wollen damit ein bisserl Normalität hereinbringen", so Mock. Erich Mayer, Generaldirektor für den Strafvollzug im Justizministerium, wies darauf hin, dass die Gefängnisse einen Beitrag zur öffentlichen Sicherheit leisten - nicht nur während des Strafvollzugs, sondern auch durch die Resozialisierung für das Leben nach der Haft. Er betonte, dies erfolge trotz der knappen Ressourcen. (APA)