"Geht nicht, gibt’s nicht." Das Leitmotiv von Wolfgang Pucher ist der geflügelte Satz des letzten irdischen Weges des Grazer „Armenpfarrers“. Hunderte Weggefährten, Unterstützer, Schutzbefohlene, Vertreter der Politik sowie seine Familie haben am Samstag in der St. Vinzenz-Kirche in Graz-Eggenberg sowie am St. Leonhard-Friedhof unter großer Trauer Abschied von Wolfgang Pucher genommen.

Bischof Wilhelm Krautwaschl feierte gemeinsam mit dem Salzburger Erzbischof, Franz Lackner, dem Tiroler Bischof Hermann Glettler sowie dem Visitator der Lazaristen, Eugen Schindler, die Totenmesse. „Ein großer Mensch ist von uns gegangen. Er hat das Zugehen auf die Menschen gelebt“, sagte Bischof Krautwaschl. Pfarrer Pucher habe jene am Rand der Gesellschaft ganz bewusst gesehen. Er war ein „Rebell der Nächstenliebe“, sagte Hochschulseelsorger Alois Kölbl, der auf besonderen Wunsch Puchers die Trauerpredigt hielt. „Als große und bunte Gemeinde sind wir ein Bild der Hoffnung, die um den Pfarrer, den Freund, den Weggefährten, den Verwandten, den ,Voda‘ – wie er sich freute in seinem Vinzidorf genannt zu werden – trauern.“

Unbequem, unangepasst, anstrengend

Pucher war teils „unbequem, keinesfalls angepasst und sehr oft anstrengend“ für die Obrigkeiten, unermüdlich für sein Ziel, den Schwachen der Gesellschaft zu helfen. Dafür entschuldigte er sich selbst in seinem Testament. „Ich bitte alle, die durch mich an Gott oder der Kirche irre geworden sind, aus tiefstem Herzen um Vergebung!“ Im würdevoll gestalteten Requiem hatten die Trauergäste immer wieder mit den Tränen zu kämpfen, so auch die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ).

Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP) würdigte den „großen, guten, streitbaren Menschen“, den „Pädagogen der Nächstenliebe“, den Menschen, den die Abwesenheit von Groll auszeichnete. Wenn man ihn weiter ehren wolle, dann gelte es, seinen „Blick an die Ränder“ der Gesellschaft fortzuführen, so Drexler. Im Anschluss an das Requiem wurde der Sarg – in dem sich auch ein Schild der berühmten Heßgasse befindet – von vier Ministranten der „ersten Stunde“ (seit 1973 war Pucher Priester) hinausbegleitet.

Der Livestream wurde im bis auf den letzten Platz besetzten Zelt vor der Pfarre St. Vinzenz übertragen
Der Livestream wurde im bis auf den letzten Platz besetzten Zelt vor der Pfarre St. Vinzenz übertragen © Florian Eder
Bischof Wilhelm Krautwaschl erwies Wolfgang Pucher die letzte Ehre
Bischof Wilhelm Krautwaschl erwies Wolfgang Pucher die letzte Ehre © APA/ERWIN SCHERIAU

Hundebisse, beschwingte Nächte und viele Spenden

Vier Busse mit Puchers engstem Umfeld, von der Polizei eskortiert, fuhren zum Friedhof St. Leonhard. Dort wurde der „Armenpfarrer“ inmitten des Vinzi-Friedhofs, neben verstorbenen Bewohnern, begraben. Die Fahrt war geprägt von freudvollem Anekdotenerzählen über „den Wolfgang“: von beschwingten VinziNächten im Orpheum mit Josef Hader, dem Hundeskeptiker Pucher, der in jungen Jahren gebissen wurde, dem unermüdlichen Kämpfer und dem Gründer der Wolfgang-Runde (einer illustren Männerrunde mit demselben Vornamen und dem Hang zum Spendensammeln für das Vinzidorf).

Als sich Helmut Pucher am Grab mit tränenerstickter Stimme von seinem Bruder verabschiedete, spürten viele Anwesende wohl einen Kloß im Hals. „Lieber Bruder, ich schmeiße dir Blumen hinein, die du gern gehabt hast“, sagte er und warf einen Strauß mit weißen Lilien und Rosen in das offene Grab.

"Geht nicht, gibt's nicht"

Insgesamt sind durch Puchers Initiative 40 Einrichtungen und Projekte, wie die VinziWerke, entstanden. Weit über die steirischen und österreichischen Grenzen hinaus hat Pucher gewirkt. Und sein Wirken wird weiter gehen. Das ist man dem Armenpfarrer, dem Herrn Pucher, dem Wolfgang schuldig. Denn: Geht nicht, gibt’s nicht.