Modern, jung, nachhaltig, handgefertigt: All diese Attribute schreibt sich das steirische Schmuckunternehmen Bruna, das ursprünglich aus Pöllau kommt, auf die Fahnen – und ist erfolgreich damit. Erst vor Kurzem eröffnete das Label einen Pop-up-Store in Wien. Journalistin und Autorin Sandra Jungmann trübte nun mit einem Artikel im Fleisch-Magazin allerdings die akribisch gewahrte schimmernde Politur der Marke. Nachdem sie einen Bruna-Ring verloren und diesen mithilfe der Bildersuche im Web sowohl bei Bruna als auch auf der Webseite des chinesischen Online-Händlers "Alibaba" für einen Bruchteil des Preises fand, entschloss sie sich, dem Wert des Schmucks aus der Steiermark auf den Grund zu gehen.

Eine Bewertung des Materials (gemmologische Untersuchung) ergab, dass es sich bei den Ringen zwar nicht um das idente Material handle, aber sie als gleichwertig anzusehen sind. Zum Vergleich, "Alibaba" verkauft eine 30er-Packung des Rings um 4,50 Dollar, bei Bruna kostet der ident aussehende Ring 75 Euro. Etwas, dass Jungmann als Konsumentin sauer aufstößt. Grundsätzlich seien es die Unternehmen, die bestimmen, wie viel sie verlangen, ergänzt sie. "Man bekommt bei Bruna das Gefühl vermittelt, mit einem Kauf etwas Gutes zu tun, die Geschichte sagt eigentlich mehr über mich und unser Kaufverhalten aus und wie wir uns von schönem Marketing beeinflussen lassen", sagt Jungmann.

Am Donnerstag meldete sich das Unternehmen mit einem Posting auf Instagram zu Wort und weist die Vorwürfe von sich. "Wir sind stolz auf unsere Designs. Dass unsere Entwürfe als Inspirationsquelle genutzt werden, ist uns bekannt und ärgerlich. Es verärgert uns, dass auch unsere urheberrechtlich geschützten Fotos widerrechtlich genutzt werden und damit Kopien unserer Produkte beworben werden. Gegen jede Vermutung, dass wir Designs kopieren oder minderwertige Materialien verwenden, verwahren wir uns aufs Schärfste", heißt es in einer der Posting-Slides. Kritik rund um den Markenauftritt, Wordings auf der Webseite und Werbetexten wolle man annehmen, streng evaluieren und verbessern, so das Unternehmen.

"Handgefertigt" – ein dehnbarer Begriff

Zudem offenbarte die Untersuchung des Bruna-Schmuckstückes, dass der Ring maschinell und nicht mit der Hand gefertigt worden sei und steht somit im Gegensatz zur Kommunikation der Marke in der Öffentlichkeit. "Wenn ich lese, dass etwas in Manufakturen in Italien und Thailand hergestellt wird, entsteht in meinem Kopf das Bild einer kleinen Werkstatt, in der eine Handvoll Menschen an Schmuckstücken werkeln – damit werde ich nicht alleine sein. Der Warenwert entsteht am Ende also durch die Geschichte, die erzählt wird", so die Journalistin.

Die Bezeichnung "handgefertigter Schmuck" sei in der Schmuckbranche ein dehnbarer Begriff, weiß der Grazer Goldschmied Johann Blesl. "Dieser Begriff wird oft schon verwendet, wenn nur ein Arbeitsschritt mit der Hand gemacht wird." Auch bei großen Goldschmieden sei das manchmal der Fall, inzwischen wird unter anderem auch 3D-Druck für Modelle und Gussformen verwendet. Erkennen können Laien das beim Endprodukt nicht, sagt Blesl. Wie ein handgefertigter Ring 75 Euro kosten kann, wenn Schmuck aus Handarbeit hierzulande schnell mehrere Hundert Euro kostet? Eine Fertigung in Asien sei günstiger als in Europa, sagt Goldschmiedemeisterin Elisabeth Kickenweitz, die 50 Jahre Erfahrung hat, merkt aber an: "Das heißt allerdings nicht, dass die Qualität schlecht ist, in Asien wird inzwischen auch sehr schön gearbeitet."

Bruna wirbt mit handgefertigten Stücken aus recyceltem Gold
Bruna wirbt mit handgefertigten Stücken aus recyceltem Gold © Bruna The Label

Einblicke in die Fertigung

Zur Preisgestaltung äußert sich Bruna unterdessen wie folgt: "Die Preisgestaltung reflektiert niemals nur den Rohstoffwert, sondern setzt sich aus unterschiedlichen Komponenten zusammen. Sie basiert auf sorgfältigen Überlegungen, die darauf abzielen, dass wir die Kosten für faire Löhne sowie für die gesamte Produktion decken und gleichzeitig gesunde Margen für kurz-, mittel- und langfristige Ziele beibehalten."

Bruna wirbt unter anderem auch damit, ihre Ware in einer Manufaktur in Thailand herzustellen, auch von Italien ist die Rede. "Diese Manufakturen haben wir seit Gründung der Marke mehrmals persönlich besucht und werden dies auch weiterhin fortführen", heißt es seitens des Unternehmens. Am 29. Juni 2023 veröffentlichte das Label auf seiner Homepage einen Blogpost über die Fertigung in Asien – nachdem im Frühling Jungmanns Artikel im Fleisch-Magazin erschienen ist.

Am 29. Juni wurde ein Artikel über das Handwerk hinter den Schmuckstücken veröffentlicht
Am 29. Juni wurde ein Artikel über das Handwerk hinter den Schmuckstücken veröffentlicht © Screenshot Bruna

Dort werden ausführlich die Schritte beschrieben, nach denen in den Produktionsstätten hergestellt werden soll, auch 3D-Druck ist dabei. Gezeigt werden thailändische Frauen namens Fon und Daa, die an den Schmuckstücken arbeiten, Einblicke in die italienische Manufaktur gibt es nicht. Die Unternehmen seien laut Bruna Mitglieder des RJC (Responsible Jewellery Council), "der bisher einzige international anerkannte (Nachhaltigkeits-)Standard, der die Schmuckindustrie von der Mine bis zum Markt abdeckt." Seit 2023 ist Bruna selbst ebenfalls Mitglied.

Konsumentinnen und Konsumenten fordern Statement

Brunas Versprechen, nur recyceltes Edelmetall zu verwenden, ist zwar nachhaltig, aber nicht neu. Katharina von der Kaus hat Bruna für die Online-Plattform Flip, die sich mit nachhaltiger Wirtschaft auseinandersetzt, unter die Lupe genommen. So liege das Recycling in der DNA der Branche, seit Jahrhunderten werden Edelmetalle in großem Stil wiederverwertet. Allerdings ist die Nachfrage nach Edelmetallen weltweit viel größer als der Recycling-Output, so können nur ein Drittel des Goldbedarfs mit recyceltem Material abgedeckt werden, schreibt Kaus. Noch 2022 bezog das Unternehmen sein Gold und Silber von der Agosi AG, die zum belgischen Konzern Umicore gehört. Das Unternehmen lieferte einst Uran für Atombomben, heute recycelt es Batterien und Metalle, Brunas Metall stammt aus Belgien und Thailand, so Kaus.

Nach Jungmanns Artikel fordern Userinnen und User auf Instagram nun Aufklärung und ein Statement seitens des Labels. Unter den Fotos wird das Unternehmen für das Löschen von Kommentaren zu den Vorwürfen kritisiert. Auch österreichische Content Creator und Creatorinnen distanzieren sich von Bruna. "Ich habe bis Anfang des Jahres noch mit Bruna gearbeitet, seither nicht mehr. Ich habe Bruna in meiner Kommunikation lediglich als Schmuck vorgestellt, also Begriffe wie "nachhaltig" bewusst nicht verwendet, weil ich weiß, wie schwierig es gerade bei Schmuck ist, diese Anforderung zu erfüllen. Ich hoffe, dass man dazu bald mal eine Stellungnahme liest und dann besser nachvollziehen kann, warum und was hier schiefgelaufen ist", sagt unter anderem Madeleine Alizadeh, die selbst das Unternehmen "dariadéh" leitet.

Bruna zieht unterdessen rechtliche Schritte in Betracht, um gegen die Nachahmungen im Netz vorzugehen, informiert das Unternehmen. "Wir mussten feststellen, dass nicht nur unsere Designs, sondern auch unsere urheberrechtlich geschützten Bilder verwendet werden."