Das Geschäft mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, aber der Schein trügt. Das steht spätestens fest, wenn man die Tür öffnet und einen der köstliche Duft von Linzertorte und anderen österreichischen Spezialitäten begrüßt – und das mitten in den USA. Genauer gesagt in Baldwin, eine rund 45 Minuten lange Zugfahrt von New York entfernt.

In der Backstube ist Heidi Riegler mit ihren Mitarbeiterinnen Winnie und Blanca eifrig am Werkeln. Riegler hat sich mit ihrem Unternehmen, der "Vienna Cookie Company", auf österreichische Desserts spezialisiert. Die Namenswahl fiel damals auf "Vienna", weil "Austria" in den USA oft zu gerne mit "Australia" verwechselt wird. Und: Wien ist bekannt für die Spezialitäten und Kaffeehauskultur. Riegler selbst ist gebürtige Grazerin, die 1994 ihren Master of Fine Arts in den USA abgeschlossen hat und anschließend gut 20 Jahre in New York in der Öffentlichkeitsarbeit tätig war. "Nebenbei habe ich begonnen zu backen. Ich wollte einmal etwas anderes machen", erzählt Riegler.

Riegler mit Winnie, ihrer neuen Mitarbeiterin
Riegler mit Winnie, ihrer neuen Mitarbeiterin © Mann

Vom Hobby zum Vollzeit-Job

Schon 2009, bei ihrer Hochzeit, gab es neben der klassischen Torte einen Tisch mit Keksen, die genüsslich von den Gästen aufgegessen wurden. "An den darauffolgenden Feiertagen habe ich meine ersten Verkäufe gemacht", sagt Riegler. 2016 richtete sie ihre Backstube in Baldwin ein, betrieb als Selbstständige aber weiterhin PR für ihre Kundinnen und Kunden im Kulturbereich. Dann kam Covid und mit der Pandemie zahlreiche Lockdowns – und abgesagte Veranstaltungen. "Ich habe immer mehr gebacken und auf dieses Business gesetzt. Seit Corona mache ich das Vollzeit." Während sie erzählt, schlichtet sie gekonnt Sandbusserl, Vanillekugerln – Kipferl zerbrechen zu leicht – und Butterkekse in die Boxen, die in alle US-Bundesstaaten verschickt werden. 

Im Laufe der Jahre hat die New York Times gleich mehrmals über Rieglers Spezialitäten berichtet – vom Streuselkuchen bis hin zu den Linzer-Keksen. Die Zeitungsausschnitte kann man auch in ihrer Backstube bewundern, wo sie ausgestellt sind. Rieglers Backwaren kann man auch über Williams-Sonoma bestellen, ein renommiertes Warenhaus-Unternehmen für Kochutensilien und Lebensmittel, bei dem Riegler unter Vertrag steht.

Die österreichischen Kekse sind in den USA heiß begehrt
Die österreichischen Kekse sind in den USA heiß begehrt © Mann

Auftrag vom Metropolitan Museum of Art

Die Hilfe ihrer beiden Mitarbeiterinnen, die erst seit ein paar Wochen für sie arbeiten, kann Riegler jetzt gut gebrauchen, denn vor Kurzem ist eine ganz besondere Bestellung bei ihr eingelangt. Das Metropolitan Museum of Art (Met), eines der weltweit größten Museen, will ihre Kekse in den Concession Stands, also den Imbiss-Ständen, mit aufnehmen. "Ich habe mich über den Auftrag sehr gefreut, aber dann hat mich auch die Panik gepackt, weil ich zu der Zeit keine Mitarbeiter hatte", erzählt Riegler, während sie mit der Gabel den Teig der Linzertorte niederdrückt. 25 Boxen Kekse soll sie wöchentlich liefern. Eine Herausforderung, die die Steirerin gerne annimmt.

Die Linzerkekse sind übrigens die Favoriten von Rieglers Mitarbeiterinnen und auch generell Bestseller. Und sie erinnern Riegler selbst regelmäßig an ihre Heimat, die sie einmal im Jahr besucht und stets vermisst. "Alles geht mir ab", sagt Riegler mit einem wehmütigen Lächeln. Vor allem aber die Stadt Wien, wie sie erklärt: "Die Kultur, dass alles so schön, nobel und klassisch ist, das vermisse ich schon." Trotzdem weiß sie auch vieles an den USA zu schätzen: "Dass man so viele Möglichkeiten hat, einfach eine Idee zu haben und sie umzusetzen. Natürlich muss man hart dafür arbeiten, aber es ist machbar."