Grün, pink, orange, blau: Das Innenleben der Schicht zeigt sich farbenfroh, die Schicht selbst ist 20-mal dünner als ein einzelnes menschliches Haar. Und doch kann Nina Schalk ganz tief hineinschauen. An der Montanuniversität Leoben untersucht die Forscherin mit ihrem Team hauchdünne Schichten, die Werkzeuge länger haltbar machen sollen.

Denn in der Industrie macht es einen Unterschied, ob ein Bohrer 100 oder 150 Löcher bohren kann, bevor er den Geist aufgibt. Wird das Werkzeug von der richtigen Schicht umhüllt, verschleißt es weniger schnell – auch wenn die Schicht nur zwei, drei Mikrometer dick ist: "Es ist so wenig, aber es macht so viel aus. Wir haben wenig zusätzliches Material, können aber viel bewirken", betont Schalk.

Erste Frau, die CD-Labor leitet

Sie leitet seit 2017 das Christian-Doppler-Labor (CD-Labor) für moderne beschichtete Schneidwerkzeuge an der Montanuni Leoben. "Für jedes Flugzeug, für jedes Auto braucht man Schneidwerkzeug", erklärt Schalk ihren Fokus auf Bohrer, Fräsmaschine und Co.

Sie ist die erste Frau, die einem CD-Labor an der Montanuni vorsteht. Zuletzt hat sie den Josef-Krainer-Würdigungspreis bekommen. Mit ihrem siebenköpfigen Team arbeitet sie mit dem Tiroler Unternehmen Ceratizit Austria zusammen. Es produziert Werkzeuge aus Hartmetall.

Alles für die gute Schicht

Meist liefert das Unternehmen Modell- und Versuchsschichten, zum Beispiel aus Titanaluminiumnitrid. Die charakterisiert das Team im CD-Labor. "Wir schauen hinein bis auf die atomare Skala, also den innersten Aufbau. Weil das Innere beeinflusst, wie hart oder verschleißfest die Schicht ist", erklärt Schalk. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um sie herum designen auch. Das bedeutet, sie ändern etwas an der Architektur der Schicht, fügen Elemente hinzu oder lassen sie weg.

Verschiedene Werkzeuge sollen von der dünnen Schicht profitieren
Verschiedene Werkzeuge sollen von der dünnen Schicht profitieren © Ceratizit

Alles, um die bestmögliche Schicht zu kreieren. Damit die Industrie produktiver und kosteneffizienter mit ihren Werkzeugen ist. Hält ein Bohrer zum Beispiel länger, müssen weniger Bohrer produziert, kann also Material eingespart werden. Eine gute Beschichtung kann auch schädliches Schmiermittel unnötig machen.

Die Nachhaltigkeit wird bei dem Prozedere immer wichtiger. "Wir versuchen, in den Schichten auf problematische, seltene Elemente wie Tantal zu verzichten, damit eine Kreislaufwirtschaft entstehen kann", sagt Schalk.

"Weltweit vorne dabei"

Seit ihrer Diplomarbeit forscht sie zu dünnen Schichten. Mit den Methoden, die dem Labor mittlerweile zur Verfügung stehen, "sind wir weltweit vorne dabei", zeigt sie sich stolz. Da gibt es zum Beispiel die Röntgendiffraktometrie, dann wird die dünne Schicht in der Regel aufgeschnitten und der Querschnitt im Rasterelektronenmikroskop untersucht. In der Atomsonde werden die chemischen Zusammensetzungen der Schicht sogar auf annähernd atomarer Ebene sichtbar.

Die Forschungsergebnisse melden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dem Unternehmen zurück. Dort probiert man weiter aus und testet, im besten Fall wird patentiert. Die Forschungsergebnisse können Schalk und ihr Team dennoch zum Teil veröffentlichen. In fünf Jahren gab es schon 38 Publikationen aus dem CD-Labor. Damit in der generellen Forschung rund um Schichten und Werkstoffe etwas weitergeht.

Schalk ist überzeugt: Die Werkstoffwissenschaften und mit ihnen die dünnen Schichten werden in Zukunft noch wichtiger werden. "Ohne wird es nicht gehen, gerade in Richtung erneuerbare Energie. Ohne Werkstoffe kann es keine Windräder und Solaranlagen geben. Da werden wir gebraucht."