Ein turbulentes Rennen mit Spielzeugautos, eine eigenwillige Melodie auf dem Xylofon oder einfach der verzweifelte Schrei nach Mama und Papa – in einem Haushalt mit drei Kleinkindern kann es schon einmal laut werden. Das gehört zum Familienalltag dazu. Doch beim Telefonat mit Manuela Sarah Moursi hört man den Nachwuchs – das älteste Kind ist sechs Jahre alt – nur leise im Hintergrund spielen. Dennoch ist die Tatsache, dass ihr Mann und sie drei Kinder haben, mitunter ein Grund, warum sich die Wohnungssuche für die Familie besonders schwer gestaltet, wie Moursi sagt. 

Schon seit fast drei Jahren sucht die fünfköpfige Familie in Graz nach einer neuen Bleibe. In der 95 Quadratmeter großen Drei-Zimmer-Wohnung ist einfach nicht mehr genug Platz. "Etwas zu finden, ist fast unmöglich. Sobald ich sage, dass wir drei Kinder haben, bekomme ich oft nicht einmal einen Termin für die Besichtigung", sagt Moursi.

Ein jüngster Vorfall hat das Fass zum Überlaufen gebracht: Der Verwalter einer Wohnung meinte zunächst, er würde sich bezüglich einer Besichtigung noch melden, erzählt die Frau: "Doch nach zwei Tagen hieß es, Besichtigungen seien momentan ausgesetzt – obwohl das Inserat weiterhin online blieb. "Konnte es an den Kindern liegen? Um das herauszufinden, stellten ihr Mann und ihre Schwägerin unabhängig voneinander eine weitere Anfrage – beide gaben an, keine Kinder zu haben. Das Ergebnis? Moursis Mann bekam keine Rückmeldung, ihre Schwägerin aber direkt einen Besichtigungstermin. "Wir wurden ganz offensichtlich belogen", sagt Moursi. 

Vorfall gemeldet

Erst nach mehrmaliger Nachfrage erhielt sie die Information, dass die Eigentümer der Wohnung nicht an Familien mit Kleinkindern vermieten wollen. Und so sind die Moursis weiterhin auf der Suche. Doch den Vorfall meldete sie bei der Antidiskriminierungsstelle Steiermark, denn Kinder bei einer Wohnungsvergabe als Ausschlussgrund zu nennen, ist gesetzlich verboten.

In der Vergangenheit hat Moursi ihre Strategie bei der Wohnungssuche übrigens mehrmals adaptiert: "Zuerst haben wir die Kinder bei Besichtigungen mitgebracht, weil sie so süß und brav sind." Das war nur ein vermeintlicher Pluspunkt. "Dann haben wir die Technik gewechselt und bei Besichtigungen einen Babysitter organisiert. Aber selbst wenn die Kinder daheim bleiben, man kann das ja nicht verheimlichen. Und: Mein Mann spricht zwar Deutsch, aber man hört und sieht, dass er Ägypter ist." Seine Nationalität wurde zwar nicht offen angesprochen, dennoch steht die Vermutung im Raum, dass sie bei der Wohnungsvergabe eine Rolle spielt, immerhin erhielt ihr Mann bei der jüngsten Anfrage gar keine Rückmeldung. 

"Im Fall der Familie gibt es gleich mehrere Diskriminierungsgründe", bestätigt auch Daniela Grabovac, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle Steiermark. "Gerade bei Diskriminierung in Hinblick auf Ethnie oder Familienstand kann man rechtlich dagegen vorgehen." Man könne sogar Schadenersatz zugesprochen bekommen. Ob potenzielle Mieterinnen oder Mieter Kinder haben, dürfe man natürlich fragen. "Das ist wichtig, gerade um zu wissen, wie viele Menschen in der Wohnung leben werden." Aber wenn etwa Kinder zu einem ausschließenden Kriterium werden, sei das nicht zulässig.

Kinder als finanzielle Belastung?

"Natürlich gibt es vereinzelt Kinder, die wild sind, und bei denen die Eltern nicht eingreifen, wenn zum Beispiel eine Wand beschmiert wird", sagt auch Moursi. "Aber meine Kinder haben noch nie etwas in der Wohnung kaputt gemacht und wir hatten auch nie ein Problem mit der Lautstärke." Sie vermutet, dass manche Vermieterinnen und Vermieter befürchten, eine fünfköpfige Familie könne sich keine größere Wohnung leisten: "Aber mein Mann ist selbstständiger Gastronom im Univiertel und ich arbeite mit ihm zusammen und habe nebenbei auch eine Firma." Während des Studiums hatten ihr Mann und sie übrigens keine großartigen Schwierigkeiten, Mietwohnungen zu finden. 

Manuela Morsi mit ihrem Mann und zwei der drei Kinder. Mit ihrer Firma verkauft sie Eistee. Geld sei bei der Wohnungssuche nicht das Problem.
Manuela Morsi mit ihrem Mann und zwei der drei Kinder. Mit ihrer Firma verkauft sie Eistee. Geld sei bei der Wohnungssuche nicht das Problem. © KK

Dass es aber auch während des Studiums anders kommen kann, zeigt das Beispiel einer Kärntnerin und ihres Freundes, die in Graz einige Monate lang nach einer Wohnung gesucht haben. Sie studiert Jus, er Medizin. "Manche Vermieter waren besonders skeptisch, weil wir noch studieren und wollten, dass unsere Eltern für uns bürgen", sagt die Kärntnerin, die lieber anonym bleiben möchte. "Oft hatte ich auch das Gefühl, dass sie uns ein bisschen veräppeln wollten, weil wir jünger und unerfahrener sind." So wollte eine Maklerin dem Pärchen einreden, dass Schimmel in einer Wohnung normal sei.

Beweislage

Das sind Probleme, die auch Grabovac bekannt sind: "Oft bekommen Studierende von vornherein ,schlechtere' Wohnungen angeboten. Gerade junge Menschen werden oft als ,nicht würdig' empfunden. Das ist rechtlich zwar nicht geschützt, trotzdem ist es wichtig, das aufzuzeigen und zu sensibilisieren." Die genannten Beispiele sollen zeigen, wie vielseitig Diskriminierung sein kann. Doch vor allem im Fall der Familie Moursi stehen die Chancen aufgrund der Gesetzeslage gut, dass es Konsequenzen geben wird.

Muss man Diskriminierung beweisen können? Eine Frage, die sich viele Betroffene stellen: "Wenn man Beweise hat, ist das natürlich noch besser, aber grundsätzlich muss man als betroffene Personen die Situation glaubhaft machen. Die Gegenseite muss dann beweisen, dass es nicht so war."

500 bis 600 Fälle beschäftigen die Antidiskriminierungsstelle insgesamt im Jahr. Auch Klimaaktivismus wird von Täterinnen und Tätern oft als Anlass für Diskriminierung oder auch Mobbing hergenommen. Solche Zwischenfälle beschäftigen Grabovac und ihr Team ebenfalls: "Wir sprechen da etwa auch von Bildern, die zuletzt in Umlauf gebracht worden sind, bei denen Figuren auf Klimaaktivisten urinieren. Oder den Aktivisten wird gesagt, sie sollen umgebracht werden."