Sie habe Angst, schreibt Alina Lackmayer (32) auf Facebook. "Angst um meine Kolleginnen, Angst, dass Mamas diesen Wahnsinn psychisch nicht mehr aushalten, Angst um unsere Kinder und Angst, dass dieses ganze System bald zusammenbrechen wird." Lackmayer ist Mutter und Kinderkrankenschwester, sie berichtete im Netz von ihren Sorgen, bis Mittwochabend haben rund 2000 Leute ihr Posting geteilt.
Im LKH Graz trifft ja gerade eine Infektionswelle – also besonders viele Patienten – auf Personalmangel. Das hat Lackmayer vor ein paar Tagen am eigenen Leib erlebt. Eigentlich arbeitet die Grazerin seit ihrer Karenz auf einer anderen Station am LKH Graz, aber an diesem Tag half sie auf der Kinderklinik aus. Zwar seien jedes Jahr im Winter viele krank, "aber das, was heuer los ist, ich habe keine Worte dafür" – obwohl sie seit zehn Jahren als Kinderkrankenschwester arbeitet. Was ihre Kolleginnen und Kollegen leisten, sei "unvorstellbar". Oft gehe es 12 Stunden lang ohne Pause "wie am Fließband".
Lackmayer selbst hat einen Sohn (1), der gerade am RS-Virus leidet und seit Tagen fiebert. Mit ihrem Facebook-Posting wollte sie einerseits die Situation aufzeigen, aber "auf keinen Fall kritisieren, jeder tut sein Bestes". Andererseits wollte sie damit auch Mamas ansprechen. "Es ist ja nicht nur das Krankenhaus, es sind alle Kinderärzte überfüllt." Über ihre Website "mamalina.at" bietet sie an, dass alle, die um ihre Kinder besorgt sind, sie anrufen können, um einen Rat von einer Kinderkrankenschwester zu bekommen.
365 Patienten an einem Tag
Die Situation betrifft nicht nur Spitäler. Auch im niedergelassenen Bereich ist der Patientenansturm kaum noch zu bewältigen. Allgemeinmediziner und Kinderärzte müssen zum Beispiel Extraschichten einlegen. Karl Michael Macher, Arzt in Bärnbach, erzählt zum Beispiel von 365 Patienten, die an einem einzigen Tag zu ihm gekommen sind. "So schlimm war es noch nie", sagt er. Auch vor der Coronapandemie nicht. "Da hatten wir maximal 300 Patienten pro Tag, es sind jetzt durchschnittlich ca. 30 Prozent mehr." Da würden aus sechs Stunden Öffnungszeit schon einmal 13 Stunden Arbeit werden, schildert der 41-Jährige.