So wenig Wasser im Neusiedlersee wie seit 60 Jahren nicht, Zicksee fast ausgetrocknet, Grundwasserpegel nahe den historischen Tiefstständen – und nun auch immer mehr von Dürre betroffene Bereiche der Landwirtschaft: "Faktum ist, der Klimawandel im Zuge der Erderwärmung ist mittlerweile selbst in Österreich längst spürbar. Und die Landwirtschaft ist das größte Klimaopfer", sagt Kurt Weinberger, Vorstandsvorsitzender der Hagelversicherung.

100 Millionen Euro versus 30 Millionen Euro

Dass sich Bauern bei der Institution auch gegen Trockenschäden versichern können, fällt vor allem in Jahren wie diesen ins Gewicht: Laut Hagelversicherung belaufen sich die Trockenheitsschäden in Österreich 2022 schon auf 100 Millionen Euro – und sind damit dreimal so hoch wie die bisherigen Hagelschäden in diesem Jahr (summiert 30 Millionen Euro, davon am meisten in OÖ und Kärnten).

Nur punktuell Regen am Freitag

Auch am Freitag brachte das Höhentief nur punktuelle Schauer und Gewitter. Während es etwa in Graz Freitagabend schüttete, gingen viele Regionen im Osten und Südosten des Landes wieder leer aus.

Vor allem in vielen Teilen Süd- und Ostösterreichs betrage das Niederschlagsdefizit in den letzten Monaten mehr als 50 Prozent. "Diese extreme Wettersituation führt zu einem sinkenden Grundwasserspiegel, und gefährdet damit Seen und Flüsse, aber insbesondere die Ernten der Landwirtschaft mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel", so Weinberger.

Neben den Niederschlagsdefiziten, seien die Dürreschäden auch auf den Anstieg von Hitzetagen (Tage mit über 30 Grad) zurückzuführen. Heuer habe es im Schnitt bereits 32 solcher Hitzetage gebeben, in den 1980er- und 1990er-Jahren seien drei bis fünf Hitzetage jährlich üblich gewesen. 

Wo es die größten Regendefizite gibt:

© Hagelversicherung

Nahe an historischen Tiefstständen

Laut Helmut Habersack, Leiter des Instituts für Wasserbau und Fließgewässerforschung an der Boku, führt die fortschreitende Versiegelung, gepaart mit Niederschlagsdefiziten, "nachhaltig negativ auf den Grundwasserspiegel aus". So ist etwa der Wasserstand des Bodensees nur noch elf Zentimeter von seinem historischen Tiefstwert entfernt. Aber auch der Wasserstand des Neusiedlersees ist so tief wie seit 1965 nicht mehr.

Habersack plädiert in diesem Zusammenhang dringend dafür, Flüsse und Feuchtgebiete wieder rückzubauen und die Flächenversiegelung drastisch zu reduzieren.

Wer wie viel Wasser braucht

Weinberger betont, dass sich 70 Prozent des österreichischen Grundwasserverbrauchs, der rund eine Billion Liter jährlich betrage, auf die Industrie niederschlagen würden. Da Haushalte 13 Prozent und das Gewerbe 11 Prozent des Verbrauchs ausmachen würden, komme die Landwirtschaft auf lediglich 4 Prozent der jährlichen österreichischen Nutzung.

Ernte-Überblick

Während die Getreideernte noch vor der großen Trockenheit abgeschlossen wurde, rechnet die Hagelversicherung bei Mais, Soja, Kürbis, Kartoffeln, Sonnenblumen und vor allem dem Grünland mit "erheblichen Ernteausfällen im Osten und Süden" Österreichs.

Früher alle zehn Jahre trocken, jetzt alle zwei Jahre

Das Phänomen von Dürreschäden nimmt in der Landwirtschaft stark zu, sagt Weinberger mit Blick auf die Ernteschäden-Statistik. "Während in den 80er-Jahren alle zehn Jahre eine Dürre aufgetreten ist, treten große Dürreereignisse in Österreich nun durchschnittlich jedes zweite Jahr auf. So entstand in den vergangenen zehn Jahren aufgrund der Dürre ein Gesamtschaden von mehr als einer Milliarde Euro", so Weinberger.

Kritik wegen Bodenversiegelung

In Bezug auf die Bodenversiegelung spart Weinberger nicht mit Kritik an der Politik. Das 2002 gesetzte Ziel, pro Tag maximal 2,5 Hektar zu verbauen, habe man "weit verfehlt". Aktuell betrage die Bodenversiegelung mit 11,5 Hektar pro Tag fast das Fünffache. Mit dem Tempo der Bodenversiegelung der letzten zehn Jahre gebe es in 200 Jahren keine Agrarflächen in Österreich mehr, so Weinberger. "In Wahrheit müsste man einen Baustopp auferlegen", um die "grob fahrlässige Zerstörung Österreichs durch Verbauung zu stoppen". Die Kompetenz hierfür liege allerdings bei den Ländern, nicht beim Bund.