Die Energiewende ist – zumindest rhetorisch – voll im Gange, doch es tun sich eine ganze Reihe von Problemen auf, an die man kaum denkt. Ein Aspekt ist die Anpassung der Netze an geänderte Bedingungen, wie man am Institut für Elektrische Anlagen und Netze an der Technischen Universität Graz weiß. "Wir beschäftigen uns damit, wie wir es bewältigen, dass wir künftig statt einigen wenigen Einspeisern bald Hunderttausende haben werden. Geht sich das aus? Sind unsere Netze dafür geeignet?", erklärt Professor Herwig Renner die Grundproblematik.
Ein Aspekt ist die Netzstabilität. Was passiert, wenn es – etwa durch einen Blitzschlag – zu einem winzig-kurzen Kurzschluss im Netz kommt. Wie reagieren dann etwa die Photovoltaikanlagen? "Wir haben 100 Jahre Erfahrung mit den klassischen Generatoren. Sie sind massiv überlastbar, haben Schwungräder und dergleichen und können so kurze Netzeinbrüche übertauchen."
Anders sei das bei Photovoltaikanlagen, wo aus Gleichstrom Wechselstrom erzeugt wird. Die Elektronik ist viel empfindlicher und schaltet bei Unregelmäßigkeiten rasch ab. "Was bedeutet das dann für das Netz, wenn ganz schnell hintereinander Tausende Stromerzeuger abschalten?" Da kann durchaus ein hausgemachter Blackout entstehen. In dem Erklärvideo wird gezeigt, was ein sogenannter Schwarzstart ist.
Ein eigenes Labor im Haus erlaubt es, die Verhältnisse zu simulieren und mögliche Szenarien zu analysieren. So können etwa durch Ab- und Anschaltvorgänge unerwünschte Schwingungen im Netz entstehen. Was passiert bei einer Kältewelle, welche Rolle spielt der Wind (Windräder)? In diesen Labors können auch beantragte bzw. bestehende Photovoltaikanlagen (bzw. deren Elektronik) getestet werden. Der Elektronik wird dabei ein Netz vorgespiegelt und gemessen, wie es auf Netzschwankungen reagiert. Dies ist etwa für Zulassungsbestimmungen wichtig.
Ein weiteres Forschungsfeld am Institut ist derzeit das Thema "Sonnenstürme". Treten Sonnenstürme auf, führt dies auf der Erde zu niederfrequenten Gleichströmen, die dann beispielsweise den Betrieb von Transformatoren stören. Das kann im schlimmsten Fall sogar zerstörerische Wirkung haben.
Hierzulande sind die Folgen zwar nicht so dramatisch, erzählt Renner. Aber es führt dazu, dass Transformatoren lauter brummen. Weil das stört, will man es minimieren. Übrigens sind nicht nur Sonnenstürme für solche Effekte verantwortlich. Auch andere Ursachen, wie etwa die Wiener Straßenbahn führt zu solchen Effekten, die man messen kann.
Und wie sieht es mit den Leitungen aus, wenn sich die Stromverteilung ändert und das Thema E-Autos immer bedeutender wird? Beim Hochspannungsnetz erwartet Renner weniger Änderungsbedarf, aber bei der Mittel- und Niederspannung "wird man in jedem Fall etwas machen müssen".