Jeder kennt es, jeder muss sich gelegentlich damit herumschlagen: Wenn das menschliche Immunsystem beginnt, unerwünschte Eindringlinge zu bekämpfen, gerät quasi der ganze Körper in Aufruhr. Es gibt Fieber, es gibt andere Reaktionen. Dahinter liegt ein komplexes Geflecht von körpereigenen Abwehrmaßnahmen, von verschiedenen Immunzellen mit verschiedenen Aufgaben. Vieles an diesen Vorgängen versteht man noch nicht im Einzelnen.
So etwa auch die genauen Mechanismen, die ein Team an der Grazer Universität rund um Jungprofessorin Marion Mußbacher erforscht: Bei bestimmten Stoffwechselerkrankungen spielen die Immunzellen eine – möglicherweise verstärkende – Rolle, die man im Detail nicht versteht.
"Immunzellen reagieren auf Stoffwechselerkrankungen und auf die Veränderungen, die diese verursachen." In gewisser Weise würden sich die Immunzellen permanent selbst in Alarmbereitschaft versetzen und damit sogar zu einer Verstärkung beitragen. Im Fachausdruck spricht man von "Entzündungsprozessen", laienhaft kann man sich vorstellen, dass die Immunzellen durch die Stoffwechselerkrankungen irritiert werden und quasi nervös reagieren. "Alle Immunzellen und Blutplättchen alarmieren sich quasi gegenseitig, aber der Mechanismus ist noch unklar."
Die Aufgabe der Forscherinnen ist es also, mit verschiedenen Ansätzen herauszufinden, was eigentlich vorgeht. Dazu werden Blut und Gewebe – gesundes und erkranktes Material – untersucht und die verschiedenen Immunzellen einzeln analysiert und zugeordnet. "Wir entwickeln verschiedene Thesen, wie diese Entzündung entsteht und wie sie von Zelle zu Zelle weitergereicht wird. Mit mehreren Messmethoden können wir dann feststellen, ob die Thesen korrekt sind."
Denn die Schwierigkeit liegt hier wie so oft in der Komplexität. Was löst eigentlich was aus? Was sind Trigger? Meistens sind mehrere Faktoren beteiligt, Ursache und Wirkung lassen sich nicht leicht trennen, meist sind mehrere verschiedene Wege beteiligt. Die Ergebnisse sind auch nicht unbedingt universell gültig, denn jeder Organismus reagiert quasi individuell. "Molekularanalysen sind generell sehr aufwendig und dauern meist mehrere Jahre", erklärt Mußbacher.
Die Forscher sind aber auf der Suche nach genau jenen "Schlüsseltriggern" und Mechanismen, die allgemeingültig und auch gut zu messen sind. "Es wäre interessant, einen Prozess zu finden, bei dem man dann einen oder zwei Schalter identifizieren und auch umlegen kann."
Seit eineinhalb Jahren ist die Arbeitsgruppe mit dem internen Titel "Immuno" nun am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften tätig. Es war nicht ganz einfach, diese Grundlagenforschung in Zeichen von Covid voranzutreiben. Denn es erfordert Zusammenarbeit mit medizinischen Unis und den Austausch von Proben.