Der 2. Juni markiert den internationalen Tag der Sexarbeiterinnen. Als solche sind mehr als 1500, die meisten davon aus Rumänien und Ungarn, in der Steiermark eingetragen. Landesweit sind 70 Bordelle genehmigt, um fünf mehr als im ersten Coronajahr. In der Pandemie setzte es relativ viele Anzeigen. Ein Dilemma ist beispielhaft.
So waren die Bordelle wegen Corona häufig geschlossen. Kunden dürfen hierzulande aber in einem Hotel oder Zuhause aufgesucht werden.
Stets vorausgesetzt, die Sexarbeiter haben die "Pflichtuntersuchung nach dem Geschlechtskrankheiten-Gesetz" gemacht. Konnten sie aber nicht, da Untersuchungsstellen pandemiebedingt geschlossen waren ...
"Zuständig fühlte sich niemand"
Die Pandemie war ein Einschnitt. Das weiß Michaela Engelmaier von "SXA-Info" (Information und Beratung für Sexarbeiterinnen im Frauenservice Graz) nur zu gut. "In der Pandemie hat sich gezeigt, dass Sexdienstleistung am Rand steht und nicht als Erwerbsarbeit anerkannt wird", beklagt Engelmaier. Dienstleister, die korrekt Abgaben und Steuern zahlen, fielen bei Coronahilfen durch. "Arbeiterkammer oder Wirtschaftskammer, zuständig fühlte sich niemand."
Die Arbeitsorte waren meist geschlossen, die Untersuchungsstellen nicht selten auch. Rechtswidrige Wohnungsprostitution häufte sich. Laut Polizei waren es rund 70 Fälle im Vorjahr in Graz.
Tatsächlich "haben viele Sexarbeiter aufgehört und sind zurück in ihre Heimatländer gefahren", schildert Engelmaier.
Sexdienstleistungsgesetz
Das steirische Regelwerk ist im Grunde seit 1998 unverändert. Die Grüne Veronika Nitsche hat vor zwei Jahren beantragt, das Landesgesetz zu überarbeiten. Ein modernes Prostitutionsgesetz kommt aber nicht vom Fleck, erst letzten Dienstag wurde es im Ausschuss wieder nicht behandelt. Dabei, so die Grüne, müsse man sich mit Expertinnen endlich "ansehen, ob das Gesetz noch der aktuellen Lage entspricht".
Engelmaier und das SXA-Team treten seit Jahren für die Anerkennung des Berufs ein – und gegen Diskriminierung auf. Eine Novelle würden sie begrüßen: So gehöre schon der Titel des Regelwerkes geändert – in "Sexdienstleistungsgesetz". Auch sollte das in der Steiermark fixierte Mindestalter (19) auf 18 Jahre (Volljährigkeit) herabgesetzt werden. Am liebsten wäre Engelmaier freilich ein bundesweit einheitliches Gesetz – inklusive ernsthafter Vertretung durch eine Kammer.
Dazu informiert das SXA-Team am Donnerstag (2. 6.) von 15 bis 18 Uhr auf dem Grazer Mariahilferplatz. Interessierte sind eingeladen, in hohe Stöckelschuhe zu schlüpfen und damit zu gehen. "Um symbolisch in die Haut einer Sexarbeiterin zu schlüpfen", skizziert man bei SXA.
Kontrollen, Strafen
Im Vorjahr hat es bei den Kontrollen durch die Polizei bzw. von Gesundheitsbehörden in den 70 Bordellen (oder vergleichbaren Einrichtungen) keine nennenswerten Verstöße gegeben. Kein Betrieb wurde geschlossen, keine Bewilligung entzogen. Das geht aus einer Anfragebeantwortung an die FPÖ hervor.
Verwaltungsvergehen von Sexdienstleistern wurden sehr wohl bestraft: 175 Fälle sind notiert. Nicht selten ging es um illegale Wohnungsprostitution, um fehlende Ausweise oder Untersuchungen (siehe oben). In Summe waren 66.328 Euro an Strafen fällig.
Die Wohnungsprostitution sei "vor allem im städtischen Bereich ein Problem. Dieser Entwicklung muss man verstärkt entgegenwirken – die Polizei braucht ausreichend Ressourcen", betont FPÖ-Stefan Hermann.
Das sagt die LPD
"Illegale Prostitution, Suchtgift-, Menschenhandel und organisierte Kriminalität hängen häufig zusammen", erinnert ein Sprecher der Landespolizeidirektion (LPD). Dahingehend sei es in der Steiermark aber recht ruhig. Weder habe es nennenswerte Aufgriffe an der Grenze gegeben, noch Beobachtungen, dass im Sog des Krieges der Menschenhandel hierzulande steigen würde.
Am meisten zugenommen hat 2021 die Internetkriminalität (1031 Straftaten, plus 25 %).
Thomas Rossacher