Was Michael März (37) bescheiden als "übertriebenen Akt der Höflichkeit" bezeichnet, war nichts weniger als eine zweifache Lebensrettung. Der Finanzbeamte zog am Dienstagnachmittag ein dreijähriges Mädchen und deren Mutter aus der Mur und rettete beide vor dem Ertrinken.
Auf seiner täglichen Laufrunde, die den 37-Jährigen von Liebenau über den Murradweg zur Puntigamerbrücke führt, war März kurz vor 16 Uhr südlich des Murkraftwerks auf zwei wild gestikulierende und um Hilfe rufende Radfahrer aufmerksam geworden. "Dann habe ich schon die Frau mit dem Kind in der Mur treiben gesehen", schildert der Grazer der Kleinen Zeitung. Laut Polizei hatten die in Graz lebende Türkin (32) und ihre dreijährige Tochter zuvor von einer Betonplattform aus Steine ins Wasser geworfen. Dabei war das Mädchen in die Mur gestürzt, ihre Mutter sprang ihr sofort hinterher und wurde ebenso abgetrieben. "Sie hatte keine Kontrolle, hat nur geschrien", erinnert sich März.
Ins Wasser geköpfelt
Dem Hobbysportler war sofort bewusst, dass hier nur jemand mit einigermaßen körperlicher Fitness wirklich helfen konnte. Ohne viel nachzudenken, kletterte er über den Zaun, stieg die steile Uferböschung hinab und sprang in kompletter Laufmontur ins eiskalte Wasser. Schwimmend erreichte er das bereits regungslose Kind und zog es ans Ufer. "Bei der Strömung war das keine einfache Sache, aber in diesem Moment entwickelt man ungeahnte Kräfte", erzählt er. Am Ufer half ihm ein Passant, das Kind aus dem Wasser zu heben – dann köpfelte März schon wieder in die Fluten. Die Mutter des Mädchens war schon bis zur Flussmitte abgetrieben worden und drohte ebenso unterzugehen. Sie brachte März mit letzter Kraft ans Ufer, wo er sie mit einer weiteren Person aus dem Wasser holte.
Damit nicht genug, leistete der Grazer auch noch Erste Hilfe. "Wir haben das Mädchen zur Seite gedreht, zum Glück hat es sich relativ schnell erfangen", erzählt der 37-Jährige. Inzwischen hatten Passanten die weitere Rettungskette in Gang gesetzt, der Notarzthubschrauber flog die Kleine schließlich auf die Kinderklinik am LKH. "Als ich den Hubschrauber landen sah, hab' ich mir schon Sorgen gemacht. Aber ein Polizist sagte mir, das sei nur zur Sicherheit", schildert der Vater zweier Kinder im Alter von vier und elf Jahren. Am Tag nach dem Vorfall gab es aus dem LKH-Univ. Klinikum Graz es die bestätigende positive Nachricht: "Es ist soweit alles in Ordnung. Dem Mädchen und auch der Mutter geht es gut." Sie wird schon heute das Krankenhaus verlassen können.
Nachdem die Schockstarre etwas nachgelassen hatte, stellte sich beim doppelten Lebensretter dann das "tolle Gefühl" ein, dass alles gut ausgegangen ist. Über das Handy eines der anwesenden Helfer rief er seine Frau an und erzählte ihr, was gerade passiert war. Dass die Sache für alle Beteiligten auch anders hätte enden können, ist ihm klar. Auch, welche Rolle der Zufall spielte. "Eine Minute später – und ich weiß nicht, ob das Kind noch leben würde."
Inzwischen hat sich nicht nur die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr bei Michael März bedankt, auch das türkische Generalkonsulat in Wien hat mit dem Steirer Kontakt aufgenommen. Die gerettete Mutter und ihr Kind sind türkische Staatsbürger.