Ans Klavier setzen, Noten herausholen und beweisen, dass man daheim geübt hat. So sieht Musikunterricht heute nicht mehr aus, meint Silke Kruse-Weber vom Institut für Musikpädagogik an der Kunstuniversität Graz. Sie beschäftigt sich als Leiterin des "Netzwerk Instrumental(Gesangs)pädagogik" damit, wie Instrumente und Gesang gelernt und gelehrt werden.

Am Freitag widmet sich eine Tagung mit dem Titel "Challenge accepted 4.0" an der Kunstuni dem Thema. "Es geht um die Herausforderungen im Bereich der Instrumental- und Gesangspädagogik", erklärt Kruse-Weber. Und davon gibt es laut der Expertin einige. "Es reicht nicht mehr, nur das Instrument zu lehren. Wir müssen alte Traditionslinien aufbrechen und uns mit Altersspannen und verschiedenen Kulturen und Religionen beschäftigen." Man geht Fragen auf den Grund, wie zum Beispiel: Wie unterrichtet man Senioren? Oder wie Menschen mit körperlicher oder psychischer Behinderung?

Silke Kruse-Weber von der Kunstuni
Silke Kruse-Weber von der Kunstuni © Vylegzhanin

Mit Schüler improvisieren anstatt nur vorspielen

Seit vier Jahren entwickeln Kruse-Weber und ihr Team den Unterricht weiter, forschen an Methoden zur Verbesserung und Qualitätskontrolle der Lehre – in Zusammenarbeit mit Studierenden der Kunstuni und zuletzt auch mit der Musikschule Weiz. Und wie sieht ein moderner Unterricht aus? Pädagoge und Schüler brechen aus ihren starren Rollen aus, so Kruse-Weber. Der eine spielt nicht mehr einfach nur vor und der andere nicht mehr einfach nur nach, sondern kreative und vor allem interaktive Lernmethoden sind gefragt. "Es geht darum, zu schauen, wo die Bedürfnisse des Schülers sind. Wenn ich früher in den Unterricht gekommen bin und sofort die Noten aufgeschlagen habe, werde ich heute etwa erst einmal mit dem Schüler gemeinsam improvisieren, ihn fragen, was für Musik er gerne hört, oder ein Stück spielen, das er lernen will."

Als die Pandemie die Branche überraschte, war von einem Tag auf den anderen Online-Unterricht angesagt. "Die Lehrenden sind vor unglaublichen Herausforderungen gestanden, haben aber Möglichkeiten gefunden, weiter zu unterrichten", schildert Kruse-Weber. Über Videokonferenzen oder hin- und hergeschickte Aufnahmen wurde weitergemacht. In Hinblick auf Situationen wie diese meint Kruse-Weber: "Wie ein Chamäleon müssen wir kreativ und flexibel auf laufend neue Themen reagieren."

Film feiert am Freitag Premiere

Stichwort Chamäleons: So heißt der Film, der am Freitag im Rahmen der Tagung Premiere feiert. "Wir haben uns überlegt, was einfallsreich und nicht belehrend ist: Ein Dokumentarfilm, der zeigt wie wir arbeiten", sagt Kruse-Weber. Einen Blick hinter die Kulissen soll der Film zeigen und den Beruf des Instrumental- und Gesangspädagogen in aller Vielfalt darstellen. Auch das Spannungsfeld zwischen Pädagogik und Künstlerdasein soll Thema sein. "Wir sind ja quasi lehrende Musikerinnen", gibt Kruse-Weber zu bedenken. Der Film, bei dem Fritz Aigner Regie führte, wird international und im Kino – am 5. November etwa im Rechbauerkino in Graz – gezeigt.

Der Film soll die Arbeit der Instrumental- und Gesangspädagogen zeigen
Der Film soll die Arbeit der Instrumental- und Gesangspädagogen zeigen © AVbaby motion pictures

Genau wie die Tagung soll er einen Austausch anregen. Aber nicht nur zwischen den Pädagogen. "Vonseiten der Politik wünschen wir uns, mehr in Entscheidungen miteinbezogen zu werden", so Kruse-Weber. Instrumentalpädagogik soll ihrer Meinung nach mehr in die Schulausbildung integriert werden. "Musik ist für Kinder so wichtig. Das Wahrnehmen, das Hören, das sich Ausdrücken und Teil einer Gruppe zu sein – das sind alles ganz wichtige Themen in der Entwicklung", ist die Expertin überzeugt.

Für die Tagung und die Filmpremiere am Freitag kann man sich noch unter impg.kug.ac.atanmelden.