Fast vier Stunden beratschlagten die Geschworenen am Donnerstag im Fall jenes 55-Jährigen, der im Frühjahr eine Ehepaar aus dem Murtal in Lebensgefahr brachte: Er hatte die Frau mit Benzin besprüht und angezündet. Dabei erlitt sie schwere Verbrennungen, auch der Mann wurde verletzt.

Am Ende erachteten die Geschworenen den gebürtigen Bosnier für schuldig des Mordversuches an der Frau und der schweren Körperverletzung an dem Mann sowie der versuchten Brandstiftung. Das Gericht sprach eine Strafe von 20 Jahren Haft aus, der Beschuldigte wird in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.

Der 55-Jährige hatte zuvor angegeben, sich nicht schuldig zu fühlen. Er habe 20 Jahre für das Ehepaar gearbeitet. Sie hätten ihm versprochen, dass sie ihn privat versichern, was aber offenbar nicht geschehen ist. Bis 2018 habe er immer wieder bei ihnen geholfen, bis die Polizei ihn fand. Über den Landwirt sagte der Rumäne zunächst nur Gutes: "Er war ein guter Mann."

Der Rumäne hatte seit 1993 immer wieder "schwarz" in Österreich gearbeitet. Die meiste Zeit für das Ehepaar aus Obdach, das eine Landwirtschaft besitzt. 2018 zerstritt sich der Mann aber mit seinen Arbeitgebern - es ging ums Geld und um die Anmeldung als Arbeiter.

Staatsanwältin Katharina Tauschmann erklärte den Geschworenen, dass der Beschuldigte das Ehepaar töten wollte. Nur durch die Löschmaßnahmen des Landwirts wurde der Tod der Bäuerin verhindert. Zudem soll der Angeklagte versucht haben, eine Feuersbrunst zu verursachen.

"Er hatte sich am 10. März zum Haus der Familie begeben und eine 1,5-Liter-Plastikflasche mit Benzin und ein Feuerzeug dabei. Im Schraubverschluss der Flasche hatte er mit einem Nagel Löcher gemacht", so die Anklägerin. Aufmerksame Nachbarn warnten die Landwirte, denn sie wussten, dass er schon zuvor Probleme gemacht und seinen ehemaligen Arbeitgebern gedroht hatte. "Er schlug das Glas bei der Tür ein und sprühte Benzin hindurch", so die Staatsanwältin. Die Frau soll ihren Mann noch vor dem Benzin gewarnt haben: "Dann stand das ganze Vorhaus schon in Flammen und auch die Kleidung der Landwirtin."

Das Haus der Landwirte in Obdach
Das Haus der Landwirte in Obdach © Breitegger

Die Landwirte ließen sich nicht erpressen

Für die Staatsanwaltschaft ist der Rumäne "kein unbeschriebenes Blatt": Er wurde schon drei Mal wegen gefährlicher Drohung verurteilt. Einmal hatte er auch schon den späteren Brandopfern gedroht. Er hatte 2018 eine Flasche mit Benzin in ihr Vorhaus geworfen. Damals war aber kein Feuer im Spiel, weshalb es als Drohung gewertet wurde. "Das Ehepaar wollte eine Einigung und bot dem Mann Geld an, aber er wollte 40.000 Euro. Als er das mit rechtlichen Mitteln nicht durchsetzen konnte, begann er sie zu bedrohen und einzuschüchtern. Die Landwirte ließen sich aber nicht erpressen", sagte die Staatsanwältin zur Vorgeschichte.

Nach der ersten Drohung gegen die Bauersleute wurde der Rumäne nach vier von acht Monaten bedingt aus der Haft entlassen und abgeschoben. Er kehrte aber nur ein Monat später illegal nach Österreich zurück und wollte bei der Polizei erreichen, dass er seine restlichen vier Monate absitzt, "weil es ihm im Gefängnis nicht so schlecht ging", sagte die Anklägerin. Doch die Beamten erklärten ihm, dass er wieder abgeschoben werde: "Das brachte ihn in Rage und er drohte damit, er brennt die Bude nieder und bringe sich danach selbst um", so Tauschmann. Als er wieder zurück in Österreich war, "ist passiert, was er angekündigt hat".

Der Verteidiger sah die Sachlage anders: Sein Mandant sei erkrankt, habe eine Persönlichkeitsstörung und wollte nur "Druck auf das Ehepaar ausüben" - so wie im Jahr davor. Dem Beschuldigten sei es nur um die Versicherungszeiten und die Pension gegangen. "Er wollte ihnen Angst machen, das war seine einzige Intention. Er wollte sie keineswegs töten."

Der Angeklagte: "Ich habe sie nicht attackiert"

"Er war wie ein Bruder zu mir, aber dann wurde er krank und sagte, er habe keine Arbeit mehr für mich", so der Angeklagte vor Richterin Sabine Anzenberger. Sie fragte ihn, warum er im März eine Flasche mit Benzin mit hatte. "Ich wollte ihnen Angst machen", beteuerte er. "Ich habe sie nicht attackiert, ich habe mich gewehrt. Sie schrien mir zu: 'Verschwind!'" Das Ehepaar hätte ihm mit Pfefferspray ins Gesicht gesprüht, weshalb er kaum etwas gesehen habe. "Ich lief weg zur Flasche und habe damit gesprüht, aber ich weiß nicht wohin", beteuerte der 55-Jährige.

Er will die Landwirtin nicht absichtlich angezündet haben: "Ich muss gestolpert sein und so ging das Feuer beim Feuerzeug an. Ich habe mich auch selbst verbrannt." Das Feuerzeug habe er "nur herzeigen" wollen. Bei der Polizei, der Tatrekonstruktion, vor dem Gutachter und vor dem Haftrichter hatte der Rumäne allerdings noch ganz andere Versionen vom Tathergang parat gehabt. "Das hat die Polizei erfunden. Das habe ich nie gesagt", meinte er daraufhin. Der beisitzende Richter sagte daraufhin: "Ach so war das: Sie haben das Benzin versehentlich angezündet, die Polizei legt Sie hinein, der Sachverständige auch. Ich erkläre Sie zum Pechvogel des Jahres."

"Das ist unglaublich. Ich habe nie gesagt, dass ich angezündet habe", so der 55-Jährige etwas ungeduldig. "Sie wollten nicht, aber die Hand sagte ja oder wie?", fragte Richterin Anzenberger. "Ich bleibe dabei, ich habe die Frau nicht gesehen und wollte sie nicht verletzen. Ich war zu Mittag dort und nicht in der Nacht", so der Angeklagte. Zur Polizei soll er bei den Vernehmungen aber gesagt haben: "Es ist besser im Gefängnis zu sein, als ohne Geld in Freiheit."

Landwirtin schilderte den Hergang anders

Nach dem Beschuldigten war die Landwirtin am Wort, die wegen ihrer Verletzungen elf Tage im Spital und danach auch bei mehreren Folgeuntersuchungen behandelt werden musste. Sie schilderte den Tathergang anders als der Angeklagte: "Nach den Vorfällen im Vorjahr haben mein Mann und ich uns eine Gaspistole und zwei Pfeffersprays besorgt, aber die Polizei sagte, dass wir ihm nichts tun dürfen."

Dann begann die Obersteirerin zu weinen und versuchte mit gebrochener Stimme den Ablauf darzustellen: "Mein Mann und ich waren allein zu Hause, als Nachbarn anriefen und sagten, dass der Jonny kommt. Ich wurde so nervös, ich konnte nicht den Notruf am Handy wählen. Wir gingen ins Schlafzimmer und holten die Pistole und einen Pfefferspray. Mein Mann lud die Waffe aber falsch durch. Er zitterte."

Die Frau sei dann mit dem Pfefferspray in der Hand Richtung Haustür: "Da hörten wir dann schon, wie er die Scheiben einschlug", schluchzte sie. Als sie die Tür öffnete, habe er ihr mit einem Stecken den Spray aus der Hand schlagen wollen, aber sie ließ ihn nicht los. "Ich habe in der Aufregung vergessen zu schütteln, er hat nicht funktioniert." Dann habe der Beschuldigte sie mit Benzin besprüht und das Feuerzeug betätigt: "Ein Feuerball kam auf mich zu."

Während die Flammen im Vorraum schnell von selbst ausgingen, brannte ihre Kleidung und der Angeklagte soll dennoch noch einmal mit dem Benzin auf sie gesprüht haben. Dann kam ihr Mann mit dem zweiten Pfefferspray herbeigeeilt und sprühte dem 55-Jährigen ins Gesicht, ehe er seiner Frau die brennende Kleidung vom Körper zog. Während sich der Täter davonmachte, rief das Paar die Einsatzkräfte.

Opfer erlitt Verbrennungen und Fraktur

"Die Verbrennungen sind noch sichtbar. Im Gesicht sind sie am besten verheilt, am schlimmsten sieht es aber von der Hüfte bis zur Achsel aus", zeigte das Opfer an seiner rechten Körperseite vor. "Die Haut ist dunkler und ich darf damit zwei Jahre lang nicht in die Sonne." Am Daumen erlitt sie eine Fraktur am Gelenk, was mit einer Platte verschraubt werden musste. Die Richterin wollte von ihr wissen, ob der Beschuldigte absichtlich das Feuer ausgelöst habe. "Das Anzünden war sicher nicht versehentlich. Er schüttete das Benzin über die Flamme. Es brauchte mehrere Versuche, bis der Feuerstrahl zu mir kam. Er sah genau, wie er mich ansprühte, weil mein Pfefferspray hatte ihn gar nicht getroffen. Erst der von meinem Mann."

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Landwirt war von Polizei gewarnt worden

Der Landwirt bestätigte bei seiner Befragung vor Gericht in Leoben die Angaben seiner Frau und ergänzte, dass ihn die Polizei etwa einen Monat vor dem Brandanschlag informiert hatte: "Sie sagten mir, dass er ihnen gegenüber erwähnte, dass er mich umbringen und das Haus anzünden werde." Als der 55-Jährige dann tatsächlich beim Haus auftauchte, hatte sich das Ehepaar schon bewaffnet.

"Wir sprangen auf und sind ins Schlafzimmer, um die Pistole und den Pfefferspray zu holen", schilderte das Opfer. "Ich konnte mit der Waffe aber nicht umgehen", beschrieb der Obersteirer die dramatischen Minuten, ehe er - ähnlich wie seine Frau - die Emotionen kaum noch halten konnte und zu weinen begann. "Sie schrie: 'Benzin, Benzin'. Und dann schon: 'Ich brenn', ich brenn'." Er habe nur noch rote Flammen gesehen und dann sprühte der Rumäne der Frau noch einmal gezielt Benzin entgegen.

"Wenn ich den Pfefferspray nicht gehabt hätte, wären meine Frau und ich jetzt unter Umständen tot", zeigte sich der Landwirt mit beschlagener Stimme überzeugt. Er selbst hatte bei dem Angriff Verletzungen an der Hand davongetragen. Außerdem hatte er nicht nur seiner Frau die brennende Kleidung vom Leib gerissen, sondern auch die Flammen an ihrem Haar und ihrem BH mit bloßen Händen gelöscht.

Nach der Befragung des zweiten Opfers holte sich der Verteidiger seinen Mandanten zur Seite und versuchte, ihn offenbar zu einem Geständnis zu überreden, um ein milderes Urteil zu bekommen. Der Beschuldigte jedoch blieb bei seiner Verantwortung.