Der Föhnsturm "Yves", der am Dienstagfrüh mit bis zu 125 km/h (also mit Orkanstärke z. B. in Deutschlandsberg) über Teile der Steiermark fegte, hat in vielen Teilen der Steiermark eine Spur der Verwüstung hinterlassen.

Und es kann keine Entwarnung gegeben werden: In der Nacht auf Mittwoch ist die Zahl der Haushalte wieder von 1500 auf 2500 gestiegen, am späten Nachmittag lag die Zahl der stromlosen Häuser immer noch bei rund 600. "Durch den Eisregen sind weitere Bäume nachgebrochen. Viele davon waren schon vorher schadhaft", erklärt Urs Harnik-Lauris von der Energie Steiermark. Seit den frühen Morgenstunden sind insgesamt 150 Monteure im Einsatz, um die betroffenen Häuser und Wohnungen so rasch wie möglich wieder ans Netz zu hängen. Am stärksten betroffen ist Deutschlandsberg und hier die höheren Lagen. "Wir dürften es schaffen, dass im Laufe des Abends zumindest im Mittelspannungsnetz alles wieder funktioniert", sagt Harnik-Lauris. Bei den Niedrigspannungsleitungen, also den Zuleitungen zu Häusern, dürften die Probleme aber noch länger andauern. "Da wird es bei mehreren Dutzend Haushalten auch in der Nacht noch keinen Strom geben."

Kopfzerbrechen bereitet den Helfern, dass für die Nachtstunden neuerlich höhere Windgeschwindigkeiten prognostiziert sind. Bei der Energie Steiermark hat man deshalb vorsorglich die im Einsatz befindlichen Techniker noch ein weiteres Mal aufgestockt. "Leitungen, die bereits beeinträchtigt sind, sind natürlich tendenziell anfälliger für neuerliche Probleme", sagt Harnik-Lauris. Wenngleich in der Dunkelheit nur eingeschränkt gearbeitet werden kann. Die Arbeiten in den teils unzugänglichen Gebieten sind lebensgefährlich. Dazu kommt, dass auch viele Strommasten ausgetauscht werden müssen, was logistisch eine Herausforderung ist.

Laut Landesleitzentrale "Florian Steiermark" waren seit Montagnacht insgesamt 2350 Einsatzkräfte von 222 Feuerwehren bei 496 gemeldeten Einsätzen am Werk. Auch am Mittwoch waren noch Katastrophenhilfsdienst-Züge aus den Bereichen Graz, Graz-Umgebung und Radkersburg in der Südweststeiermark im Aufräumeinsatz. "Die Hauptaufgaben waren Verkehrswege frei zu machen, Dächer von Gebäuden provisorisch einzudecken und umgestürzte Bäume von Stromleitungen zu entfernen", sagt Heinz Reinbacher von der Landesleitzentrale.

>>>Aktuelle Fotos von den Aufräumarbeiten:

Einen kleinen Lichtblick gibt es hingegen von der Wetterfront: "In den Tallagen hat es über Nacht meist geregnet, Schnee ist erst ab rund 800 Meter gefallen", so Hannes Rieder von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik. Einige Wettermodelle zeigten gestern Schnee bis zu 20 Zentimetern. Das hätte die Situation in den vom Föhnsturm betroffenen Gebieten weiter verschärft. Und zum Vergleich: Gestern zeigte das Thermometer in der Süd- und Südweststeiermark 12 bis 15 Grad plus an. Heute früh waren es nur noch 0 Grad.

Besonders gewütet hat "Yves" in den Bezirken Leibnitz und Deutschlandsberg. Bei Eibiswald stürzten gleich mehrere Gebäude völlig ein. Schon in der Nacht auf Dienstag wütete der Sturm auch im Murtal und im Ennstal. Fast 10.000 Haushalte waren Dienstagvormittag in den Sturmgebieten ohne Strom. Laut Landeswarnzentrale sind 456 Trafostationen ausgefallen.

>>> Dramatische Bilder vom Einsatz bei Eibiswald

>>>Aktuelles Video aus Hollenegg:

Sturmschäden in Hollenegg: Feuerwehren sind am Limit

Die Einsatzschwerpunkte von Feuerwehr und Bundesheer beinhalten das Freimachen der Verkehrswege sowie das entfernen von entwurzelten Bäumen und Abdecken beschädigter Dächer mit Planen. Bei den total zerstörten Gebäuden bergen die Einsatzkräfte zur Stunde verschüttete Sachgüter.

Der für den Katastrophenschutz zuständige Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer und Agrarlandesrat Hans Seitinger machten sich Dienstagmittag in der Weststeiermark ein Bild von der Lage. Schickhofer sagte vor Ort: "Die Region hat eine dramatische Nacht erlebt. Bäume sind abgeknickt wie Streichhölzer. Wir haben voll auf alle Einsatzkräfte, die Feuerwehren, die Energie Steiermark und alle Partner in der Region setzen können. Alle arbeiten mit Hochdruck daran, die Schäden aufzuarbeiten. Für uns ist klar: Wir werden für alle Betroffenen da sein. Wir lassen niemanden im Stich."

LH-Vize Michael Schickhofer (Mitte) und Agrarlandesrat Hans Seitinger (links)
LH-Vize Michael Schickhofer (Mitte) und Agrarlandesrat Hans Seitinger (links) © Miksch

>>>Augenzeuge Karl Lambauer erzählt:

Dach weggeflogen: "Hab gedacht, die Welt geht zugrunde"

Am Nachmittag wurde auch das Bundesheer zum Einsatz gerufen. Im Raum Oberhaag und bei St. Johann im Saggautal begannen 40 Soldaten vom Baupionier- und Katastrophenhilfszug des Militärkommandos Steiermark sowie 19 Soldaten der ABC-Abwehrkompanie mit dem Freischneiden von Straßen und der Entefernung umgestürzter Bäume. Der Einsatz des Bundesheeres dürfte noch bis Samstag andauern.

In die Bezirke Deutschlandsberg und Leibnitz rückten zusätzliche Katastrophenhilfsdienst-Einheiten (KHD) aus Weiz, Graz-Umgebung, Fürstenfeld, Radkersburg und Voitsberg aus, um ihre Kameraden zu unterstützen. Volker Hanny vom Landesfeuerwehrverband: "In der Früh hatte das Absperren der betroffenen Gebiete oberste Priorität, damit niemand ins Gefahrengebiet gelangt." Als die Windböen nachließ, ging es mit voller Kraft an die Aufräumearbeiten. Wobei: "Windbruch aufzuarbeiten ist besonders gefährlich, da Bäume sich verspannen können. Aber unter den Kameraden sind Fachkräfte, die sich damit auskennen."

Grafik: So entsteht ein Föhnsturm
Grafik: So entsteht ein Föhnsturm © Infografik Kleine Zeitung

Besonders schwierig ist die Lage auch im Bezirk Leibnitz. Es seien zahlreiche Bäume auf den Straßen, diese nicht befahrbar. Auch die Feuerwehren können hier teilweise, weil es zu gefährlich war, vorerst nicht ausrücken. Besonders betroffen ist St. Johann im Saggautal im Bezirk Leibnitz. Hier hatten die Kinder schulfrei. Der Schulbus konnte nicht verkehren, da auf viele der Straßen Bäume gestürzt waren. "20 bis 30 Dächer wurden in der Gemeinde schwer beschädigt", sagt Bürgermeister Johann Schmid, der sich im Laufe des Vormittags selbst ein Bild vom Ausmaß der Schäden machte. "'Am heftigsten war der Sturm gegen drei, vier Uhr früh. Zu diesem Zeitpunkt konnten auch unsere Feuerwehrleute nicht mehr ins Freie hinausgehen, weil ständig Bäume vor und hinter den Einsatzfahrzeugen niederstürzten. Die Sicherheit der Leute geht einfach vor." Ein Straßenabschnitt im Gemeindegebiet ist auf rund 200 Metern mit Bäumen so verlegt, dass die Aufräumarbeiten sicher noch zwei bis drei Tage dauern werden, schätzt er. Ab 14 Uhr war dort auch das Bundesheer im Einsatz, um bei der Beseitigung der Schäden zu helfen.

>> Fotoreport von Antenne-Steiermark-Hörern:

Keine Gemeindestraße war frei befahrbar, berichtete auch Bürgermeister Ernst Haring. Auch in Oberhaag herrscht "Ausnahmezustand". Ein großes Waldstück wurde umgerissen, Dächer abgedeckt und Stromleitungen gekappt. Zur Unterstützung wurden hier sogar Einsatzkräfte aus Bad Radkersburg, Mureck, Ratschendorf und Bierbaum herangezogen. Auch der Raum Arnfels/Leutschach ist vom Sturm betroffen.

>>>Aktuelles Video von den Aufräumearbeiten auf der B 76

Der Zugverkehr der GKB im Bezirk Deutschlandsberg war am Dienstag ebenfalls unterbrochen. Vor der Haltestelle Hollenegg musste der erste Zug Richtung Graz halten - umgestürzte Bäume hatten die Gleise verlegt. Die sieben Fahrgäste mussten fünfeinhalb Stunden im Zug verharren, da die Einsatzkräfte so lange nicht zu ihnen durchdringen konnten. Wegen einer Oberleitungsstörung war auch der Bahnverkehr zwischen Unzmarkt und Scheifling unterbrochen. In den Vormittagsstunden wurde diese Sperre wieder aufgehoben.

Im Murtal bescherte der Sturm den Einsatzkräften von Montag auf Dienstag eine unruhige Nacht. In Apfelberg deckte er gegen 22.20 Uhr einen Teil eines Daches von einem Einfamilienhaus ab. Noch während des Sturmes stiegen Feuerwehrmänner auf das Dach, um mit den Reparaturarbeiten zu beginnen. Gerade noch rechtzeitig konnten die 18 eingesetzten Männer das Dach notdürftig reparieren, bevor der Sturm noch mehr Schaden anrichten konnte, schildert Einsatzleiter, Hauptbrandinspektor Thomas Mauric. Nach rund einer Stunde konnte der gröbste Schaden behoben werden die Feuerwehr wieder ins Rüsthaus einrücken.

>>>Fotoreport aus dem Murtal:

Auf der Weinebene-Straße in der Gemeinde Frantschach/St. Gertraud im Bezirk Wolfsberg übersah indes ein 45 Jahre alter Autolenker aus der Steiermark einen durch den Sturm entwurzelten Baum, der quer über die Straße lag. Der Arbeiter prallte mit seinem Auto gegen den Baum. Er blieb dabei unverletzt, an seinem Fahrzeug entstand allerdings Totalschaden. Im Bezirk Völkermarkt sind aufgrund des Sturm sämtliche Schulen und Kindergärten gesperrt. In Eisenkappl-Vellach wurde sogar Zivilschutzalarm gegeben. Derzeit sind in Südkärnten 6000 Haushalte ohne Strom.

>>>Im Fotoreport: Sturmeinsatz im Bezirk Deutschlandsberg