Ein 18-Jähriger ist am Dienstag im Grazer Straflandesgericht wegen versuchten Mordes (nicht rechtskräftig) zu zwölf Jahren Haft verurteilt worden. Er soll heuer im März in einer Asylunterkunft mit einem Messer auf einen Mitbewohner eingestochen haben. Als Motiv gab er an, der andere habe ihn vergewaltigen wollen. Sein Kontrahent sprach von einem Streit, bei dem plötzlich ein Messer im Spiel war. Der Beschuldigte wird in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen.

Streit aus nichtigem Anlass

Fest steht, dass es heuer am 8. März in der Asylunterkunft einen Stromausfall gegeben hat. Ebenfalls fest steht, dass ein 20-Jähriger Afghane bei einer Auseinandersetzung mit einem Landsmann Stich- und Schnittverletzungen erlitten hat. Darüber hinaus existieren zwei verschiede Varianten der Geschichte.

Laut Staatsanwältin hatte sich der Angeklagte aufgeregt, weil sich das spätere Opfer in ein Gespräch mit der Heimleiterin wegen des Stromausfalls eingemischt habe. Die beiden Männer begannen ein Gerangel, dann fiel der 18-Jährige zu Boden. Er lief in sein Zimmer, und der Ältere folgte ihm. Sie rauften weiter, und dann hatte der Beschuldigte plötzlich ein Messer in der Hand und stach seinem Widersacher in Kopf, Hals und Rücken. Der 20-Jährige erlitt keine lebensgefährlichen Verletzungen, war aber blutüberströmt.

Die Version des Angeklagten ist eine andere: „Er wollte mich vergewaltigen, ich habe mich nur verteidigt“, sagte er vor Gericht. Der andere soll ihn schon Tage zuvor „komisch angegriffen“ haben. Seiner Schilderung nach kam der 20-Jährige in sein Zimmer „und wollte mich schlagen“. Er will nur mit einem abgebrochenen Messer auf ihn eingeschlagen haben. „Wie erklären Sie sich dann die Stichverletzungen?“, fragte die Richterin. „Ich weiß es nicht“, antwortete der Befragte und ergänzte: „Vielleicht hat er sich beim Kasten verletzt.“

Einweisung empfohlen

Der psychiatrische Sachverständige hat in seinem Gutachten beim Angeklagten eine schwere Persönlichkeitsstörung festgestellt. Er sei emotional instabil, egozentrisch, habe eine geringe Hemmschwelle und sei hoch aggressiv. Für den Fall der Verurteilung wurde zusätzlich die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum empfohlen, weil sonst zeitnah mit weiteren schweren Straftaten zu rechnen sei.

Dem folgten auch die Geschworenen. Sie befanden einstimmig, dass es sich um versuchten Mord gehandelt habe. Der Afghane wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt und in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.