Ewigkeitschemikalien, die nicht mehr für immer auf der Erde bleiben und Plastik aus Holz. Genau das soll das neue Leadprojekt der TU Graz DigiBioTech ermöglichen. Gelingen soll, das mit einer neuen Interdisziplinarität in der Biowissenschaftler mit Daten-Experten zusammenarbeiten.

Das große Ziel: Neue Enzyme und Biokatalysatoren generieren, die Eigenschaften mitbringen, die es bisher noch nicht gibt. Denn diese Strukturen sind für den Abbau von Materie verantwortlich. Um solche für Stoffe zu schaffen, die aktuelle noch keine natürlichen Biokatalysatoren haben, nutzen die Forschenden an der TU Graz zwei unterschiedliche Methoden.

Neu Enzyme durch Manipulation

Einerseits die Manipulation bereits bestehender Enzyme und andererseits synthetisch generierte komplett neue Enzyme. Das Problem: „Wir arbeiten mit Proteinen, das sind Ketten aus Aminosäuren. An jeder Position dieser Kette könnte man nun die 20 möglichen Aminosäuren einbauen, das ergibt bei Mehrfach-Mutationen Billionen von Möglichkeiten, die man sich unmöglich alle anschauen kann“, erklärt der Leiter des Leadprojektes Robert Kourist. Daher müsse man bereits vorab genau wissen, wo man die DNA des Gens verändern möchte. Hier kommt die Künstliche Intelligenz ins Spiel. Diese soll langfristig optimierte Enzymvarianten vorschlagen.

Damit das allerdings möglich wird, muss der Algorithmus erstmal mit Daten gefüttert und angelernt werden. Keine leichte Aufgabe. Denn bisher hat man in der Biotechnologie bei Experimenten mit vielen falsch positiven Ergebnissen gelebt. „Das war bisher kein Problem, man hat eine Handvoll der positiven Ergebnisse näher untersucht. Meistens sind davon einige verbessert und einige davon nicht und man hat sich über die verbesserten gefreut“, meint Kourist. Wenn es aber darum geht, eine Maschine anzulernen, werden diese falsch positiven Ergebnisse zu einem grundlegenden Problem.

Verlässlichere Experimente

Daher müssen Biologietechnologen ihre Experimente aussagekräftiger machen. Gelinge soll das mit moderner Sequenzierungstechnik. Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg. „Es gibt zwar die Technologie dafür, es gibt aber noch andere Herausforderungen“, sagt Kourist. Zudem müssen die Forschenden auch ein neues Machine-Learning-Modell Entwickeln. „Das Training von aktuell gängigen Modellen braucht sehr viel Rechenleistung. Das stellt nicht nur für den akademischen Bereich ein Problem dar. Wir müssen daher greifbarere und vielleicht einfach cleverere Ansätze finden“, sagt der Forscher Gustav Oberdorfer.

Bevor aber überhaupt erst ein Algorithmus angelernt werden kann, müssen möglichst viele Daten generiert und maschinenlesbar gemacht werden. Ein weiteres Ziel des Projektes ist es nämlich eine frei zugängliche Datenbank zu schaffen, auf die Forscher aus der ganzen Welt zugreifen können.

Gemeinsame Sprache

Neben den technischen und wissenschaftlichen Herausforderungen kommt zudem noch die Kommunikation hinzu. Denn unterschiedliche Fachrichtungen nutzen häufig dieselben Begriffe, allerdings mit einer anderen Bedeutung. „Wir müssen zunächst eine gemeinsame Sprache entwickeln“, sagt Obendorfer. Ab dem Wintersemester werden zehn Doktoranden aus den Bereichen der Biowissenschaften und Datenwissenschaften gemeinsam an dem Projekt arbeiten.

Diese neue Forschung soll aber nicht nur einen wissenschaftlichen Fortschritt bringen, sondern auch einen gesellschaftlichen. Konkret soll das Potenzial, dass die Biologietechnologie in Bezug auf den Umweltschutz hat, noch schneller zum Vorschein kommen. „Wir können nicht Millionen Jahre warten, bis sich ein Gen von selbst optimiert, sondern wir müssen das erheblich beschleunigen“, sagt Kourist.

Während eine Laufzeit von drei Jahren anberaumt ist, wir das Thema die TU Graz noch weitaus länger beschäftigen. „Wir sehen das Leadprojekt als Kristallkeim, aus dem dann ein großer Kristall wachsen kann“, sagt Kourist. Zudem ist das Feld aktuell in einem großen Umbruch und man wolle die drei Jahre nutzen, um von Anfang an gute Fortschritte zu machen.

Der Beitrag ist im Rahmen der „Hellen Köpfe“, einer Zusammenarbeit mit den steirischen Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Joanneum Research und der steirischen Industrie, entstanden. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei der Redaktion der Kleinen Zeitung.