Ein Grazer ist am Montag im Straflandesgericht vor einem Geschworenensenat gestanden, weil er im November 2023 seine Lebensgefährtin beinahe erwürgt haben soll. Da er als nicht zurechnungsfähig eingestuft wurde, gab es keine Anklage wegen versuchten Mordes, sondern nur einen Antrag auf Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Kurz vor der Verhandlung hat das Opfer versucht, die massiven Anschuldigungen zurückzunehmen.
„Er hat am 30. November 2023 versucht, seine Lebensgefährtin zu erwürgen“, fand Ankläger Gilbert Zechner-Gfrerer zu Beginn ganz klare Worte. Er führte aus, dass das Paar, das seit 2012 zusammen ist, „immer wieder gewalttätige Auseinandersetzungen“ gehabt habe. Es gab auch Anzeigen, doch die hatte die Frau dann wieder zurückgezogen. Sie selbst sprach von einer „toxischen Beziehung“, erklärte der Staatsanwalt.
Schluss gemacht
Kurz vor der Tat hatte die Frau offenbar mit dem 55-Jährigen Schluss machen wollen. Er drohte daraufhin mit Suizid und gab vor, Tabletten geschluckt zu haben. Er wurde in die Nervenklinik gebracht, wo er am selben Tag wieder entlassen wurde. Zu Hause wollte er sich etwas kochen, schlief aber ein – wegen Schlafmangels und Alkohol, so seine Angaben dazu.
Als die ganze Wohnung verqualmt war, ging er zu der Frau ins Schlafzimmer, wo sie im Bett lag, neben sich das gemeinsame zweijährige Kind. Sie war in der Zwischenzeit wieder auf Facebook aktiv gewesen, was seine Eifersucht anstachelte. „Wenn ich dich nicht haben kann, soll dich keiner haben“, soll er nach ihren Angaben gesagt und sie am Hals gepackt und bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt haben. Erst als er glaubte, dass sie tot sei, ließ er ab von ihr, führte der Ankläger aus. Sie kam wieder zu sich und konnte den Notruf wählen. „Sie starb glücklicherweise nicht“, beschrieb der Staatsanwalt. An der psychischen Erkrankung des Grazers hatte er keine Zweifel. „Er trug nichts dazu bei, ihren Tod zu verhindern“, meinte der Staatsanwalt.
Aus Sicht von Verteidiger Christoph Sigl sah das alles etwas anders aus. Dass sein Mandant nicht zurechnungsfähig sei, hielt er für gegeben. Doch bezüglich des Tatablaufes ortete er „divergierende Angaben“, und zwar vom Opfer selbst. Die Frau hatte nämlich kurz vor der Verhandlung dem Vorsitzenden ein Mail geschrieben, in dem sie sich für ihr Fernbleiben entschuldigt und angibt, auf Urlaub im Ausland zu sein. Sie habe „sehr nachgedacht“ über den Vorfall. „Ich habe keine Verletzung erlitten“, schrieb sie, was sich im Übrigen mit den Fotos deckt. Sie leide an Panikattacken und sei wohl deswegen ohnmächtig geworden, von Würgen wollte sie – entgegen ihrer Angaben bei der Polizei – nichts mehr wissen.
„Wollte nicht verletzen oder töten“
„Ich wollte sie weder verletzen noch töten“, beteuerte der 55-Jährige bei seiner Befragung. Er habe zu dem Zeitpunkt seit zwei Tagen nicht geschlafen, seine Tabletten seien ausgegangen und er habe Alkohol konsumiert. Deswegen sei er eingeschlafen. Als er den Rauch bemerkte, weckte er sie auf und sagte „Wir müssen hier raus“. Sie sei „hysterisch geworden und hat geschrien“, da habe er sie am Hals gepackt und gesagt „Hör auf“. Möglicherweise habe er „etwas fester“ zugedrückt, räumte er ein. „Warum drücken Sie überhaupt zu?“, wollte Richter Erik Nauta wissen. „Es war ein Reflex“.
Die Lebensgefährtin wurde bereits einmal wegen falscher Beweisaussage und Verleumdung verurteilt. „Sie ist eine notorische Lügnerin“, behauptete der Betroffene.
Da der 45-Jährige als nicht zurechnungsfähig eingestuft wurde, wurde die Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum beantragt. Die Geschworenen folgten am Abend dem Antrag und entschieden (nicht rechtskräftig) mehrheitlich auf Mordversuch und Einweisung.