Über der Tiroler Gemeinde Seefeld, in der im Jahr 2019 die Nordische Ski-WM ausgetragen worden war, schwebt ein Damoklesschwert. Ein Bericht des Landesrechnungshofes (LRH) über die finanzielle Situation der Gemeinde, ihrer Tochterunternehmen sowie zur WM ergab: Neben neun Millionen Euro Finanzschulden haftet die Gemeinde noch für 36 von insgesamt 61 Millionen Euro an Verbindlichkeiten von Tochterfirmen. In Sachen WM sah man seitens des Rechnungshofs „keine nachvollziehbaren Kosten-und Finanzierungsziele“.

Auch mangelhaftes Controlling und eine nicht-realistische Projektplanung im Zuge der Sportgroßveranstaltung, die offenbar zu dem tiefen Finanzloch der an sich wohlhabenden Tourismusgemeinde nahe Innsbruck wesentlich beigetragen hatte, wurden in dem veröffentlichten Prüfbericht beanstandet, über den die „Tiroler Tageszeitung“ und der ORF Tirol am Dienstag berichteten. Relevante Unterlagen u.a. zur Bauabwicklung für die WM fehlen, sie wurden nicht gesichert und archiviert. Obwohl 2015 intern bereits von Sport-Infrastrukturkosten über 30 bis 35 Millionen die Rede gewesen sei, habe man 2016 im Stammvertrag für die Finanzierung nur 17,8 Millionen Euro festgelegt, zitierte die „TT“ aus dem Prüfbericht. Abgerechnet wurde letztlich mit 31,2 Millionen Euro.

Gesamtkosten könnten auf 15,5 Millionen Euro steigen

Anfangs habe Seefeld noch einen Investitionsbeitrag für die WM (Sportanlagen und Verkehrsinfrastruktur) von 4,5 Millionen Euro beschlossen, mittlerweile seien es 8,8 Millionen Euro. 2021 musste laut dem Bericht zur Ausfinanzierung der WM zudem ein Kredit über sieben Millionen Euro aufgenommen werden. In Summe könnten sich die Gesamtkosten auf 15,5 Millionen Euro erhöhen, führte der Landesrechnungshof aus.

Die Gemeinde erklärte unterdessen in einer Stellungnahme zu den Kosten für die Errichtung der Infrastruktur, dass „aus der Abwicklung der Nordischen Ski-WM 2019 die Lehre gezogen wurde, dass derartige Großveranstaltungen mangels fachspezifischer Kenntnisse in sämtlichen Abwicklungsbereichen unvorhersehbare Risiken für die öffentliche Hand beinhalten.“ Daher sollte von Seiten der öffentlichen Hand „lediglich beratend und unterstützend aufgetreten werden“, hieß es. Die Genehmigung der Haftungsübernahmen im Vorfeld der Nordischen Ski-WM 2019 seien übrigens auf mündlichen Förderzusagen auf politischer Ebene bzw. der Weisung des damals für Gemeindeangelegenheiten zuständigen Ex-ÖVP-Landesrates Johannes Tratter erfolgt.

Die WM, Seefeld und unangenehme finanzielle Konsequenzen waren indes schon länger mediales Thema. Das gesamte Jahr über stand die Rückzahlung von Fördergeldern in Höhe von acht Millionen Euro an den Bund im Raum. Der Tourismusverband (TVB) hatte in Form eines Darlehens drei Millionen Euro bezahlt. Weil der TVB seine Mittel nicht als Förderung gewährte, sah der Bund eine zweckwidrige Verwendung von Fördergeldern. Deshalb wurde um eine Rückzahlung gerungen. Kürzlich schlug die Gemeindeführung - in Abstimmung mit der schwarz-roten Landesregierung sowie der Tourismusabteilung des Landes - einen Lösungsweg vor. Dieser wurde vom Bund aber bisher überwiegend abgelehnt. „In einigen Punkten“ des übermittelten Lösungsvorschlages seien „Nachbesserungsnotwendigkeiten identifiziert“ worden, hatte es gegenüber der APA im Oktober geheißen. Der Bund fordere eine Erfüllung der Fördervoraussetzungen, insbesondere die Leistung eines Zuschusses in der Höhe von 2,5 Millionen Euro seitens des Tourismusverbandes.

Rechnungshof sieht „dringenden Handlungsbedarf“

Der Landesrechnungshof sieht jedenfalls auch ob der generellen finanziellen Situation der Gemeinde offenbar dringenden Handlungsbedarf. Allein die Bankschulden der Beteiligungsunternehmen seien 2022 mit 55,3 Millionen Euro mehr als sechs Mal so hoch wie jene der Gemeinde gewesen. Die Prüfer drängten daher auf Sondertilgungen, um das Risiko für Seefeld und die Gesamtbelastung der Schuldendienstbeiträge zu reduzieren. Allein die Rückzahlungsverpflichtung für einen Schweizer-Franken-Kredit, der für die Sanierung des Sport- und Kongresszentrums aufgenommen worden war, sei trotz Tilgungen von 16,5 auf 17,5 Millionen Euro gestiegen, hieß es. Das Darlehen muss in den nächsten zehn Jahren zurückgezahlt werden.

Seitens des österreichischen Skiverbandes hält man fest, dass die finanzielle Schieflage mit der WM an und für sich nichts zu tun habe und man daher auch nicht von einem „WM-Budget“ sprechen dürfe. „Seitens Bund und Gemeinde gab es keine Zuwendungen zum WM-Budget. Insofern ist die Verwendung der Begrifflichkeit „WM-Budget“ in diesem Kontext leider irreführend, da sich keine Gebietskörperschaften finanziell daran beteiligt haben“, so Christian Scherer. Der ÖSV-Generalsekretär merkt zudem an, „dass es bei dieser Diskussion in der öffentlichen Darstellung leider immer wieder zu einer Vermischung vom WM-Budget, welches der Durchführung der Sport-Großveranstaltung diente, mit Aufwendungen für Projekte, welche die permanente Infrastruktur des WM-Ortes betreffen, kommt.“ Für Zweiteres sei aber der Skiverband nicht zuständig.