Als Aleksander Aamodt Kilde im Ziel von Lake Louise abschwang, riss er die Arme in die Höhe und jubelte. Und das, obwohl er mit Nummer sechs nach der neuen Startreihenfolge der erste der Favoriten war. Es mag am großen Vorsprung gelegen haben, den er auf den bis dahin führenden Thomas Dressen gehabt hat, es mag aber auch das Bewusstsein gewesen sein, dass ihm wirklich eine sehr gute Fahrt ausgekommen ist.  Das Gefühl sollte den Norweger nicht täuschen. Denn Fahrer um Fahrer biss sich an seiner Zeit die Zähne aus. Und letztlich sollte es für den 30-Jährigen, der davor noch nie in Lake Louise auf dem Podests gestanden war, tatsächlich klappen: Der Abfahrts-Weltcupsieger der Vorsaison begann auch die neue gleich mit einem Sieg, wenn letztlich auch nur hauchdünn: Denn hinter ihm feierte der bärenstarke Daniel Hemetsberger als Zweiter seine bisher beste Weltcup-Platzierung.

Platz drei ging an Weltcup-Gesamtsieger Marco Odermatt, der bis zur letzten Zwischenzeit noch auf Kurs erster Abfahrtssieg gelegen war.  Letztlich fehlte dem Schweizer eine Zehntel auf Kilde, doch es reichte, um Matthias Mayer, der die letzten zwei Rennen in Lake Louise gewonnen hatte, auf den vierten Platz zu verteidigen. Das Rennen, das holte sich Kilde vor allem auf den ersten 20 Sekunden, auf denen er (wie schon im Training) das Feld distanzierte – und auf den letzten Metern, wo er der Konkurrenz abermals Zeit abnahm.

"Ich muss fahren wie ein Irrer"

So wie Daniel Hemetsberger, der auf diesen zwei Abschnitten 0,44 Sekunden auf den Norweger verlor – und letztlich ganze sechs Hundertstelsekunden hinter Kilde blieb. „Aber es ist trotzdem mein bestes Ergebnis im Weltcup und damit schon in Ordnung“, meinte der 31-jährige Oberösterreicher, der bisher nur ein einziges Mal auf dem Siegespodest zu finden war: In der Vorsaison auf der Streif in Kitzbühel. „Das Wichtigste für mich war es, meinen Fokus zu finden, damit ich wie ein Irrer Vollgas runterfahren kann“, sagte Hemetsberger im Anschluss, denn: „Wenn ich das schaffe, dann passt die Spannung, dann passt das Skifahren – und die Zeit hat ja auch ganz gut gepasst.“

Matthias Mayer konnte auch mit Platz vier gut leben, auch wenn er sich insgeheim sicher mehr erwartet hatte. „Ich habe aber im Fallaway einen Innenskifehler gehabt und auch ganz am Schluss Zeit liegen gelassen“, meinte der Kärntner, der aber Positives mitnahm: „Ich habe mich heute wieder steigern können im Vergleich zum Training, das passt also schon.“ Es passt auf jeden Fall mehr als bei Vincent Kriechmayr, der 1,25 Sekunden verlor und damit die Top zehn verpasste  - das war nicht der Start, den sich der Doppelweltmeister vorgestellt hatte. „Ja, ganz oben ging der Wind bei mir in die falsche Richtung, aber wir sind ein Freiluftsport“, seufzte er, ergänzte aber: „Ich bin leider auch sonst nicht gut gefahren.“

Ganz vorne feierte Kilde aber seinen 13. Weltcupsieg. "Ich habe heute viel riskiert, das war gut, das war auch wichtig, so zu fahren, für mich war es spannend bis zum Ende", meinte der Norweger, der seinen Vorbildern folgen wollte, denn hier waren seine "Vorgänger" schon immer gut, nur ihm gelang bisher kein besseres Ergebnis als Rang sechs. "Aber heute", sagte er, "war das Gefühl gut, es war einfach geil zu fahren."