Ihr Vater Serge Lang war eine Legende im Sportjournalismus, gilt als "Erfinder" des alpinen Ski-Weltcups und war lange auch Weltcup-Chef. Welche Erinnerungen haben Sie an die Geschehnisse von damals?
LANG: "Bei uns zu Hause war Sport ein wichtiges Thema. Im Sommer folgten wir den Radrennen, vor allem dem 'Giro" oder der 'Tour de France', im Winter eben den Skirennen. Es kamen ständig interessante Sportler zu uns. Oder wir reisten irgendwohin, um sie zu treffen. So hat sich mein Vater auch mit dem damals 28-jährigen US-Headcoach Bob Beattie angefreundet."
Können Sie bitte die Zeit rund um die Entstehung des Alpinski-Weltcups beschreiben?
LANG: "Die internationale Saison 1966 fing wie immer in Deutschland an. Der Amerikaner Billy Kidd war Mann der Stunde. In der Zeitung L'Equipe wurde über seine Führung in der 'Challenge de l'Equipe' berichtet. Eine inoffizielle Punktewertung, die Serge für die Zeitung während der Tour entworfen hatte. Es schien logisch, etwas Gleiches im Skirennsport einzuführen. Der Radsport war damals der professionellste internationale Sport und für Serge eine große Inspiration."
Das offensichtliche "Erfinden" des Weltcups auf der Seidlalm - hat Ihr Vater davon daheim berichtet?
LANG: "Ja, aber erst nach der WM in Portillo, denn nach Kitzbühel ist er sofort weitergereist. Als Jean-Claude Killy anfing, so viele Rennen zu gewinnen, und er ankündigte, die Trophäe mit der damaligen Maximalnote von 225 Punkten gewinnen zu wollen, haben sich plötzlich alle dafür interessiert. Diese Wette von Killy half sehr, die Idee des Weltcups zu präsentieren."
Sie sind heute noch im Ski-Weltcup als Journalist und Historiker mit dabei, ebenso Ihre Kinder. Sehen Sie das auch als Vermächtnis dessen, was Ihr Vater mit auf die Beine gestellt hat?
LANG: "Ich habe mich persönlich nie als Nachfolger von Pionier Serge Lang gesehen. Der Weltcup hat aber sicher unglaublich viel dazu beigetragen, dem Skirennsport eine breitere, internationale Audienz zu geben - und hat viele neue Jobs auch in den Medien ermöglicht. Es gab einen wahren Boom."
Wo steht Ihrer Meinung nach der Weltcup heute und wie hat er sich entwickelt?
LANG: "Der Weltcup war lange eine One-Man-Show für Serge. Nach und nach haben die Veranstalter aber gemerkt, dass mit den Rechten viel Geld zu machen ist, und es war schwer für ihn, die Prinzipien des Weltcups zu verteidigen. Serge hat 1999 in Tignes bei seinem letzten Weltcup-Rennen beim Forum Alpinum aber die Professionalität des Weltcups gelobt. Er war sicher sehr stolz. Aber irgendwo auch froh, sich nicht mehr kümmern zu müssen."
Wodurch sehen Sie den Ski-Weltcup am ehesten bedroht?
LANG: "Das Hauptproblem kann vom Schneemangel in den tiefen Orten wie Kitzbühel oder Adelboden kommen. Aber irgendwann wird jemand sicher Plastik-Kunstschnee erfunden haben. Man kann annehmen, dass nach China andere, neue und schneesichere Regionen im Kaukasus, Island, Grönland oder Südamerika besucht werden, um weiterhin eine Tour organisieren zu können."
Wie könnte der Ski-Weltcup Ihrer Meinung nach in 50 Jahren aussehen?
LANG: "2028 wird - hoffentlich - der alpine Skirennsport den 100. Geburtstag der ersten Arlberg-Kandahar-Rennen in St. Anton feiern. Ob Arnold Lunn und Freund Hannes Schneider damals gewusst haben, was sie soeben gestartet hatten? Drei Jahre später hat Lunn die erste (damals inoffizielle) Ski-WM in Mürren gestartet. 1930 Ernst Gertsch das erste Lauberhorn-Rennen, immer noch die älteste "Ski Classic", die noch auf derselben Strecke durchgeführt wird. Vieles hat sich seit diesen Jahren geändert - sogar der Schnee, der zwar immer noch zwischen den blauen Linien weiß, aber jetzt meistens vereist ist. Die Fahrer, die jetzt einen Helm tragen müssen, rasen aber weiterhin die Pisten auf zwei Bretteln herunter, und im Ziel stellen ihnen die Journalisten weiterhin dieselben und oft nicht sehr originellen Fragen."
Auch die Arbeit Ihrer Medien-Kollegen hat und wird sich also weiter stark verändern, oder?
LANG: "Es ist heute nur noch ein Teil der Zeitungen, die früher stets dabei waren, vor Ort. Viele Ski-Journalisten sitzen jetzt im Büro und schauen im Web und der Facebook-Seite der Athleten nach und kopieren deren Aussagen - ohne Recherche oder direkte Anfrage. Nicht erst in 50 Jahren werden die Fahrer mit individuellen Kameras unterwegs sein und während ihrer Fahrt live für die Fans berichten. Da werden kaum noch Journalisten im Ziel gebraucht."
Hans Gödel (APA)